Panel + Geoanalysen = Erkenntnisgewinn

Als Marktforschungsunternehmen ist es für LINK von grösster Bedeutung, dass das Panel eine hohe Repräsentativität aufweist, die für valide und stabile Ergebnisse steht. Die Volvo Car Switzerland AG hat im Frühjahr 2021 eine schweizweite Studie mit 1’047 Befragten durch das LINK Panel in Auftrag gegeben. Im gleichen Zug beauftragte Volvo einen externen Partner – Crosswind – mit Geoanalysen, weshalb auch einige Fragebogeninhalte vorgängig auf diese Analysen abgestimmt wurden. Vor dem Start der Geoanalysen wurden die durch LINK erhobenen Umfragedaten durch Crosswind eingehend geprüft und mit externen Daten validiert.

Diese Validierung hatte das Ziel, sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Geoanalysen durch Crosswind auch auf einer detaillierten geographischen Ebene, wie z.B. den Kantonen, verlässliche und belastbare Ergebnisse liefern. Da die Fallzahlen auf diesen Ebenen in der Regel sehr gering sind und oft gar keine Informationen in Form von Interviews vorliegen, beeinflussen einzelne Aussagen das Ergebnis stark. Die Repräsentativität ist daher von besonderer Bedeutung, da nur auf ihrer Basis auch bei geringer Fallzahl regional spezifische Erkenntnisse gewonnen werden können.

Die externe Validierung durch Crosswind hat bei der Auftraggeberin grosses Vertrauen in die Repräsentativität des LINK Panels geschaffen, wie Beat Fritschi, Business & Retailer Development Director bei Volvo betont: «Bei der durch Crosswind durchgeführten externen Validierung wurden Ergebnisse aus der Umfrage von LINK und öffentlich zugängliche Daten zum Fahrzeugmarkt gegenübergestellt. Das Resultat dieses Vergleichs hat gezeigt, dass die Ergebnisse der LINK-Umfrage auch auf sehr detaillierter räumlicher Ebene repräsentativ sind. Dies hat unser Vertrauen in die weiteren Umfrageergebnisse verstärkt.»

Hohe Repräsentativität durch aktiven Rekrutierungsansatz

LINK verfolgt verschiedene Massnahmen, um die Repräsentativität ihres Panels zu gewährleisten. Repräsentativität bedeutet, dass jedes Element der Grundgesamtheit (d.h. alle potenziell Befragten) eine eindeutig definierte und von Null verschiedene Wahrscheinlichkeit besitzt, in die Stichprobe aufgenommen zu werden («Zufallsauswahl»). Nur repräsentative Stichproben stellen ein wirklichkeitsgetreues Abbild der Grundgesamtheit dar und erlauben eine Verallgemeinerung des Ergebnisses auf die Grundgesamtheit (marktforschung.de).

LINK nutzt einen speziellen Rekrutierungsansatz, bei dem das Panel zu 100 % aktiv über telefonische Studien mit Festnetz- und Mobilnummern rekrutiert wird. Zum einen kann hiermit sichergestellt werden, dass es sich bei den Befragten um echte Personen handelt (direkte Verifizierung am Telefon), zum anderen kann so ein Grossteil der Bevölkerung erreicht werden. Jede Person hat folglich dieselbe Chance (oder zumindest eine bekannte Chance), ins Panel aufgenommen zu werden. Ausserdem ist die Hemmschwelle für Mehrfachanmeldungen höher und Mehrfachteilnehmende können einfacher ausgeschlossen werden.

Zusätzlich nutzt LINK verschiedene Massnahmen, um Verzerrungen durch Selektionsprozesse oder Nichtteilnahmen entgegenzuwirken – beispielsweise Speeder-Identifikation, Qualitäts-Flagging bei auffälligem Antwortverhalten oder Tracking wichtiger KPIs und Feedback zur Gestaltung angenehmer Fragebögen und Ausfülldauer.

Validierungsprozess anhand von Geodaten am Beispiel von LINK und Crosswind

Die externe Validierung anhand von Geodaten besteht darin, die Repräsentativität eines Panels aufgrund seiner räumlichen Verteilung zu überprüfen. Eine hohe Repräsentativität zeichnet sich dadurch aus, dass unter anderem auch im Rekrutierungsprozess unkontrollierte Merkmale korrekt beziehungsweise bevölkerungsrepräsentativ abgebildet werden. 1’000 Befragte stellen eine gute Grundlage dar, um auf nationaler Ebene sowie differenziert nach den Sprachregionen Deutschschweiz, Westschweiz und Tessin solide und belastbare Ergebnisse zu liefern. Bei geographischen Analysen auf detaillierteren räumlichen Skalenebenen wie der Kantons- oder der Bezirksebene verringern sich jedoch die Fallzahlen regional teilweise stark, wodurch sich Verzerrungen in der Stichprobe bzw. nicht zufriedenstellende Repräsentativität schneller auf die Validität eines regionalen Ergebnisses auswirken.

Im Folgenden wird der Ablauf der Validierung der Daten, die LINK im Rahmen der Umfrage für Volvo erhoben hat, aufgezeigt:

  • Zunächst wurde der Marktanteil pro Automarke am gesamten Fahrzeugbestand untersucht. Hierfür wurde als erste Kennzahl der reale Anteil jeder Automarke pro Kanton (Stand: September 2021) berechnet; dies auf der Grundlage der öffentlich zugänglichen Fahrzeugmarktdaten des Bundesamtes für Strassen ASTRA. Als zweite Kennzahl wurde der Anteil jeder Automarke pro Kanton der 1’047 Umfrageteilnehmenden betrachtet. Diese zweite Kennzahl zeigt also, wie hoch der effektive Marktanteil der Automarken unter den Umfrageteilnehmenden ist.
  • Die Übereinstimmung dieser beiden Kennzahlen (realer Marktanteil vs. Marktanteil laut Studienteilnehmenden) kann als Mass für die Repräsentativität der Umfrage interpretiert werden.

Für die Automarke Volvo beträgt die Abweichung weniger als 5 Prozentpunkte über alle Kantone hinweg, bei BMW und VW existiert eine Abweichung von höchstens 15 Prozentpunkten bei kleineren Fallzahlen. Den einzigen Ausreisser bildet BMW im Kanton Appenzell Innerrhoden, was mit einer Fallzahl von nur 2 Befragten jedoch leicht zu erklären ist. Ein Zusammenhang zwischen der Fallzahl und den Abweichungen wird in Abbildung 1 visualisiert. Ab einer Fallzahl von etwa 15 Befragten liegt die Differenz bei ca. 7 Prozentpunkten oder weniger, und ab ca. 40 Befragten bei 5 Prozentpunkten oder weniger.

Die Resultate der Validierung zeigen folglich, dass die Abweichungen verhältnismässig klein sind, auch bei kleinen Fallzahlen. Dies ist überraschend, insbesondere auch deshalb, da die Umfrage für die Analysen nicht gewichtet wurde. Dies stützt das Argument der Repräsentativität der Umfrage auf der räumlichen Skalenebene «Kanton».

Abbildung 1: Dargestellt ist auf der Y-Achse die Differenz pro Kanton zwischen realem Marktanteil und Anteil der Marken unter den Studienteilnehmenden und auf der X-Achse die Anzahl Befragte pro Kanton. Die rote durchgezogene Linie markiert 0 Prozentpunkte Abweichung. Die gestrichelte rote Line markiert +/- 5 Prozentpunkte Abweichung. Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine sehr hohe Übereinstimmung zwischen Umfrageergebnissen und (öffentlich zugänglichen) realen Daten auf. Ausreisser entstehen vereinzelt durch sehr kleine Fallzahlen. Bereits ab einer Fallzahl von etwa 15 Befragten liegt die Differenz bei kleiner gleich 7 Prozentpunkten.

Bedeutung von regionaler Betrachtung der Markenloyalität für Volvo

Im nächsten Schritt nach der oben beschriebenen Validierung wurde erneut der Anteil der Automarken unter den 1’047 Studienteilnehmenden verwendet. Neu wurde diese Kennzahl nun aber der zusätzlich in der Umfrage erhobenen Markenpräferenz gegenübergestellt. Die Studienteilnehmenden gaben hier an, welche Automarken sie bei einer möglichen Neuanschaffung innerhalb der nächsten drei Jahre präferieren. Die Übereinstimmung des Marktanteils und der Markenpräferenz wurde als Markenloyalität interpretiert, da eine Übereinstimmung bedeutet, dass eine Person eine Automarke besitzt und diese auch künftig präferieren würde (oder nicht besitzt und auch zukünftig nicht präferiert).
Eine differenzierte regionale Betrachtung der Markenloyalität und Markenpräferenz ist in Zeiten von Unsicherheit und schnellen Veränderungen im Automobilsektor von grosser Bedeutung. Durch die Studie kann die Markenloyalität auf den Prüfstand gestellt und ein besseres Verständnis für (potenzielle) Kundinnen und Kunden gewonnen werden.

Die Resultate in Tabelle 1 zeigen, dass die Markenloyalität für Volvo regional variiert und im Durchschnitt bei 83 % liegt, wobei sie in Zug mit 64 % am niedrigsten und in Genf mit 94 % am höchsten ist. Diese Resultate sprechen einerseits für eine hohe Markenloyalität der Volvo-Kundinnen und -Kunden (auch im Vergleich zu anderen Marken, was in diesem Artikel jedoch nicht weiter beleuchtet wird), betonen aber andererseits auch, in welchen Regionen mit niedriger Markenloyalität Potenziale oder Notwendigkeiten für eine Neupositionierung bestehen. Eine Möglichkeit kann in der veränderten Nutzung der Vertriebskanäle und somit in der Kundenansprache bestehen. In der Umfrage wurde hierzu unter anderem die Bereitschaft der Befragten für einen Direktvertrieb durch den Online-Kauf von Neuwagen erhoben. Mit den Ergebnissen konnte Volvo ihre Strategie zum Direktvertrieb überprüfen, weiterentwickeln und bereits mit ersten Erfolgen (erste Online-Bestellungen von Neuwagen) in die Tat umsetzen.

Tabelle 1: Gezeigt wird der Anteil der Übereinstimmung bei den Befragten von Markenpräferenz und Besitz dieser Marke (Erst- und/oder Zweitwagen) pro Kanton (Fit Besitz & Präferenz) – auch Markenloyalität. Nicht berechenbar ist dieser Wert, wenn in einem Kanton für keine der Befragten Informationen zu Markenpräferenz und/oder Besitz existieren, z.B. durch das Ankreuzen der Antwortoption «weiss nicht / keine Angabe». Wie gut der Besitz von Volvo zur Markenpräferenz von Volvo passt, variiert regional. Meist liegt die Markenloyalität um die 80%.

Repräsentativität LINK Panel und neue Erkenntnisse durch Geoanalysen von Crosswind

Abschliessend lässt sich durch die gezeigten Resultate festhalten, dass die Volvo Car Switzerland AG dank den Umfrageergebnissen in Kombination mit den Geoanalysen neue Erkenntnisse hinsichtlich der aktuellen Marktgegebenheiten und der Präferenzen ihrer Kundinnen und Kunden gewinnen konnte. Die regional differenzierten Einsichten konnten zur Weiterentwicklung und Schärfung der Markenstrategie zur künftigen Netz-Entwicklung sowie für die (geografische) Optimierung ihrer Vertriebskanäle genutzt werden.

Grundlage dafür ist die sehr gute Repräsentativität des LINK Panels, was die Validierung der Umfrageergebnisse gezeigt hat: Trotz kleiner Stichprobengrösse werden auch nicht kontrollierbare Merkmale wirklichkeitsnahe (räumlich) abgebildet.

Tabelle 2: Differenz in Prozentpunkten Marktanteil Real vs. Marktanteil LINK pro Kanton

Dr. Verena Mack
Senior Research Consultant Marketing Research LINK

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+41 41 367 73 39

Eve Degen
Director Data Services & Panel LINK

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+41 41 367 73 62

Dr. André Bruggmann
Co-CEO Crosswind & Geospatial Solutions Expert

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Swiss Insights News #8

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Online-Erhebungen in der Sozialforschung

Während in der Marktforschung reine Online-Interviews, sogenannte Computer-Assisted Web Interviews (CAWI), längst Standard sind, hat sich der Anteil an Online-Interviews in der Sozialforschung in den letzten Jahren vergleichsweise langsam erhöht. Oftmals dominieren hier noch Computer-Assisted Telephone Interviews (CATI), Computer-Assisted Personal Interviews (CAPI), Paper and Pencil Interviews (PAPI) oder verschiedene Mixed-Mode-Ansätze. Dennoch haben gerade in der Schweiz auch einige wichtige Erhebungen in der Sozialforschung wie die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung die primäre Erhebungsmethode zu Online-Interviews geändert. Obwohl Online-Interviews gegenüber allen anderen Erhebungsmethoden einen deutlichen Kostenvorteil bieten, setzen viele Behörden noch auf andere Erhebungsmethoden. Dieser Artikel soll aufzeigen, woran dies liegt und wie die mit einem Wechsel verbundenen Herausforderungen adressiert werden können.

Selektionseffekte

Alle genannten Erhebungsmethoden bringen Vor- und Nachteile mit sich. Online-Interviews sind meist die günstigste Erhebungsmethode, während CAPI im Normalfall die kostspieligste Erhebungsmethode darstellt. Die beiden anderen Methoden sind dazwischen anzusiedeln. Während Online-Interviews natürlicherweise nur die Onlinebevölkerung erreichen, erreicht CATI nur Menschen mit Telefon. Mit PAPI und CAPI kann fast die ganze Bevölkerung erreicht werden.

Obwohl grundsätzlich die meisten Erhebungen den Anspruch haben, eine Stichprobe zu generieren, die repräsentativ für eine gewisse Population ist, kann keine der Erhebungsmethoden dies garantieren, solange die Teilnahme an der Erhebung freiwillig ist. Da eine Teilnahmeverweigerung durch die Eingeladenen erfolgt, ist diese nicht zufällig; die Selbstselektion der Teilnehmenden führt damit zu Verzerrungen der Nettostichprobe. Man versucht solche Verzerrungen auszugleichen, indem man gewisse Bevölkerungsteile überproportional einlädt, die Stichproben gewichtet oder einen Mix der Methoden anwendet.

Erhebungsmethodeneffekte

Zusätzlich verzerren die verschiedenen Methoden die Antworten der Teilnehmenden unterschiedlich. Sowohl CATI als auch CAPI sind Methoden, bei denen eine interviewende Person in die Erhebung involviert ist. Studien haben gezeigt, dass dies zu sogenannten Interviewer-Effekten führt, d.h. Teilnehmende antworten eher zurückhaltender und eher im Sinne eines gesellschaftlich gewünschten Ideals. In beiden Methoden tendieren Teilnehmende zudem dazu, zuletzt genannte Antworten überproportional häufig zu wählen. Bei selbstadministrierten Erhebungen wie Online-Interviews und PAPI ist dies genau umgekehrt. Zudem gibt es bei diesen Methoden keine Interviewer-Effekte.

Tabelle 1: Ausschöpfung nach Treatmentgruppen in Welle 2 in Prozent der Nettostichprobe der ersten Welle
Quelle: Eigene Darstellung nach Voorpostel et al. (2020).

Bedeutung der Verzerrungen

Für die richtige Methodenwahl ist es entscheidend, die Grössenordnungen der Verzerrungen zu kennen. Einige Studien nutzen Mixed-Mode-Erhebungen, bei denen sich die Datensätze der unterschiedlichen Teil-Erhebungen vergleichen lassen. Allerdings lassen sich daraus in den meisten Fällen keine sinnvollen Schlüsse ziehen, da die Selektion der Befragungsmethode den Teilnehmenden überlassen wird. So überlagern sich Effekte von Erhebungsmethode und Selektion, die ex-post nicht mehr unterschieden werden können. Zur Unterscheidung dieser beiden Effekte bei einem Erhebungsmethodenwechsel gibt es trotz der hohen Relevanz in der Schweiz kaum Forschung. Eine der wenigen Ausnahmen bildet die Studie von Voorpostel et al. (2020), die in einem experimentellen Design die Umstellung des Schweizer Haushalt-Panel (SHP) von CATI auf Online-Interviews als primäre Erhebungsmethode untersuchten. Für das Experiment wurden drei unterschiedlich grosse zufällige Bruttostichproben gezogen, eine für CATI, eine für einen Mixed-Mode und eine für eine Onlinebefragung. Zur leichteren Lesbarkeit wird hier nicht weiter auf den Mixed-Mode eingegangen. Voorpostel et al. (2020) finden zwar für Online-Interviews mit 38.5% eine initial geringere Teilnahmebereitschaft bei der Rekrutierung als bei CATI mit 48.7%, aber für beide Methoden eine ähnliche Panelsterblichkeit (vgl. Tabelle 1).

Wenig überraschend sind beide Nettostichproben nicht komplett repräsentativ für die Bevölkerung. Tabelle 2 zeigt das Ergebnis zweiseitiger z-Tests, ob die jeweiligen Anteile der Nettostichproben denjenigen der Bruttostichproben entsprechen. In beiden Nettostichproben ist die jüngste Altersgruppe untervertreten. Individuen über 58 Jahre sind in der CATI-Stichprobe übervertreten, während in der Online-Stichprobe diese Altersgruppe keinen signifikanten Unterschied zum Bruttosample aufweist. Bei der Nationalität sind beide Nettostichproben sehr ähnlich verzerrt.

Tabelle 2: Stichprobenanteile nach Treatmentgruppen in Welle 1 (in Prozent)
*p<0.10, **p<0.05, ***p<0.01. Quelle: Eigene Darstellung nach Voorpostel et al. (2020).

Die Online-Interview-Teilnehmenden weisen zwar in allen Wellen und Interviewteilen eine höhere Rate an nicht beantworteten Items auf, aber bei den meisten Variablen resultiert kein Unterschied zwischen den beiden Stichproben. Dies könnte unter anderem auf eine zufällige Antwortwahl der zusätzlich Antwortenden in der CATI-Stichprobe hindeuten.

Der Interviewer-Effekt bei CATI tritt hingegen zum Beispiel bei Gesundheitsfragen in Welle 1 deutlich zu Tage, wie Abbildung 3 zeigt. Interessanterweise verschwindet er aber in Welle 2, d.h. wenn die Teilnehmenden ein zweites Mal befragt werden. Da die Analysemethode versucht, den Selektionseffekt zu kontrollieren, ist es unwahrscheinlich, dass das Verschwinden des Interviewer-Effekts rein aufgrund einer Selektion in der zweiten Welle geschieht. Vielmehr könnte ein Gewöhnungseffekt dieses Phänomen erklären. Also beeinflussen solche Gewöhnungseffekte die intertemporale Vergleichbarkeit von Studien, bei denen Individuen in mehreren Wellen befragt werden, selbst wenn die Methode konstant bleibt.

Abbildung 3: Interviewer-Effekt bei Gesundheitsfragen
Quelle: Eigene Darstellung nach Voorpostel et al. (2020)

Entwicklung Verzerrungen

Während die Effekte auf die Antworten der Teilnehmenden konstant sind, verändern sich die Selektionseffekte mit der Zeit. Die Erreichbarkeit per Festnetztelefon ist in den letzten Jahrzehnten stark gesunken. Es wird versucht, diese sinkende Erreichbarkeit durch Anrufe an zufällig generierte Mobiltelefonnummern auszugleichen. Diese Methode weist allerdings einen sehr hohen Anteil an Teilnahmeverweigerungen auf. Zudem ist es meist nicht möglich, kosteneffizient spezifische Zielgruppen anzusteuern, da auch keine geographische Eingrenzung möglich ist.

Die Online-Erreichbarkeit hingegen hat in den letzten Jahren insbesondere bei älteren Menschen deutlich zugenommen (vgl. Abbildung 4). Es bleibt aber auch hier ein vergleichsweise hoher Anteil an Teilnahmeverweigerungen.

Abbildung 4: Entwicklung Online-Erreichbarkeit
Anmerkung: Aus methodischen Gründen können die Ergebnisse ab Herbst 2012 nicht mit älteren Studien verglichen werden. Ein Vergleich mit den kommenden Jahren ist dagegen möglich. Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesamt für Statistik

Herausforderungen der Umstellung auf Online-Interviews

Die Onlineerreichbarkeit hat auch bei vielen Behörden dazu geführt, die Umstellung von Erhebungen auf Online-Interviews oder Mixed-Modes zumindest zu prüfen. Dies ist jedoch längst nicht bei allen der Fall. Für das Beibehalten alter Erhebungsmethoden werden hauptsächlich zwei Gründe aufgeführt: Erstens sei die Erreichbarkeit mittels Online-Interviews in spezifischen Bevölkerungsgruppen noch nicht ausreichend gut. Diese Nichterreichbarkeit sinkt beispielsweise bei älteren Personengruppen seit einigen Jahren deutlich. Bei anderen Methoden wie CATI steigt zugleich die Nichterreichbarkeit gewisser Bevölkerungsgruppen. Das Argument der schwereren Erreichbarkeit mancher Bevölkerungsgruppen durch Online-Interviews schwächt sich folglich immer weiter ab und wird sich vermutlich eher ins Gegenteil kehren. Zweitens sind viele Erhebungen in der Sozialforschung Wellenerhebungen über lange Zeiträume. Bei diesen steht die Entwicklung gewisser Themen im Fokus. Wenn man nun die Erhebungsmethode ändert, ist es aufgrund der genannten Selektions- und Methodeneffekte wahrscheinlich, dass sich die Ergebnisse ändern, da alle Methoden gewisse Verzerrungen mit sich bringen. Die Erhaltung der intertemporalen Vergleichbarkeit dient daher oftmals als Grund für das Beibehalten der ursprünglichen Erhebungsmethode. Dieses Argument greift allerdings zu kurz, da sich Selektionseffekte wie oben beschrieben über die Zeit verändern. Folglich ist die intertemporale Vergleichbarkeit auch bei konstanter Erhebungsmethode nur eine scheinbare.

Die Zukunft

Langfristig werden sich Online-Interviews in der Sozialforschung weiter etablieren. Die Selektionseffekte bei Online-Interviews schwinden, während sie bei anderen Methoden grösser werden. In manchen Bereichen, wo Offliner wichtig sind, wird es zumindest eine Zeit lang noch notwendig sein, die Erhebungen als Mixed-Mode durchzuführen. Hier eignet sich allerdings die Kombination PAPI/Online-Interviews aus methodischer Sicht deutlich besser als CATI/Online-Interviews, da PAPI und Online-Interviews beide selbstadministriert und somit frei von Interviewer-Effekten sind. Doch keine Sorge, Telefone werden ihren Nutzen für die Sozialforschung nicht verlieren, können sie doch als mobiler Zugang zu Online-Befragungen und als Mobilitätstracking-Device dienen.

Referenz
Voorpostel, M., Kuhn, U., Tillmann, R., Monsch, G. A., Antal, E., Ryser, V. A., … & Dasoki, N. (2020). Introducing web in a refreshment sample of the Swiss Household Panel: Main findings from a pilot study. Fors Working Series paper, 2.

Dr. Marcus Roller

Dr. Marcus Roller

Leiter Sozialforschung,
intervista AG

marcus.roller@intervista.ch, +41 31 511 39 12

Der Autor
Dr. Marcus Roller ist Leiter Sozialforschung bei intervista. Er ist promovierter Ökonom und spezialisiert auf quantitative Forschungsmethoden. Er hat an den Universitäten Basel und Bern zu quantitativen Methoden gelehrt und forscht weiterhin zu ökonometrischen Fragestellungen.

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Swiss Insights News #7

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Einführung von Dynamic Pricing: Messung der Effekte in der Hotelbranche

Hintergrund und Zielsetzungen

Dynamic Pricing findet in vielen Branchen mehr und mehr Verbreitung. Dabei werden die Preise in Abhängigkeit verschiedener Nachfrageparameter fortlaufend angepasst. Insbesondere in der Tourismusbranche ist Dynamic Pricing mittlerweile üblich – z.B. bei Fluggesellschaften oder bei Hotels. Jedoch gibt es immer noch zahlreiche Hotels, auch in der Schweiz, die nicht auf Dynamic Pricing setzen. Gründe hierfür sind unter anderem Unsicherheiten bezüglich geeigneter Softwarelösungen, aber auch bezüglich der Kundenreaktionen.

An diesen Unsicherheiten setzte ein gemeinsames Forschungsprojekt der ZHAW School of Management and Law und der RoomPriceGenie AG an. Die RoomPriceGenie AG bietet eine Softwarelösung für Dynamic Pricing an.

Abbildung 1: Teilnehmende Hotels

Gemeinsam wurden 37 Hotels gewonnen, an diesem Forschungsprojekt teilzunehmen und im Projektzeitraum 2021 und 2022 Dynamic Pricing einzuführen. Abbildung 1 zeigt die geografische Verteilung der teilnehmenden Hotels, wobei die Farben die Kantone kennzeichnen und die Grösse der Kreise die Anzahl der teilnehmenden Hotels je Standort symbolisiert. Es nahmen sowohl Hotels in Städten als auch Hotels in Bergregionen am Projekt teil.

Die Effekte der Einführung von dynamischem Pricing wurden aus drei Perspektiven gemessen:
• Perspektive 1: Veränderung der internen Kompetenzen;
• Perspektive 2: Veränderung der Gästezufriedenheit;
• Perspektive 3: Veränderung der finanziellen Performance.

Perspektive 1: Veränderung der internen Kompetenzen

Die teilnehmenden Hotels wurden zu Beginn des Projekts gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, in dem ihre internen Kompetenzen in Bezug auf Pricing sowie ihr wahrgenommener Erfolg im Vergleich zum Wettbewerb anhand etablierter Skalen abgefragt wurden. Nach der Einführung der Softwarelösung und mindestens sechs Monaten Erfahrung mit Dynamic Pricing wurden sie nochmals aufgefordert, ihre Beurteilung abzugeben. Anhand dieser Vorher-Nachher-Messung bei insgesamt 33 Hotels – vertreten durch jeweils eine Person aus dem Management – zeigte sich, dass sich die internen Kompetenzen in Bezug auf Pricing signifikant von 3.6 auf 4.2 (Skala 1-6) verbessert hatten. Ebenfalls erhöhte sich der wahrgenommene Erfolg im Vergleich zum Wettbewerb von 3.4 auf 4.0 (Skala 1-6). Betrachtet man die einzelnen Items, zeigt sich in Tabelle 1 insbesondere eine Verbesserung bei den folgenden Aspekten:
• «Wir verwenden unsere Pricing-Fähigkeiten und -Systeme, um schnell auf Änderungen im Markt zu reagieren.»
• «Wir betreiben ein effektives Pricing.»
• «Wir verwenden Systeme und Tools, um Pricing-Entscheidungen zu unterstützen.»
• «Wir haben einen höheren Umsatz pro verfügbares Zimmer als unsere Wettbewerber.»
• «Wir steigern unseren Umsatz mehr als unsere Wettbewerber.»
• «Wir haben mehr Pricing-Power als unsere Wettbewerber.»

Tabelle 1:
Vorher-Nachher-Messung in Bezug auf die internen Kompetenzen

Doch wie sind die Effekte bei den Gästen? Dies steht nachfolgend im Vordergrund.

Perspektive 2: Veränderung der Gästezufriedenheit

Auch in Bezug auf die Veränderung der Gästezufriedenheit wurde eine Vorher-Nachher-Messung durchgeführt. Die Hotels wurden gebeten, eine einheitliche Gästebefragung zu versenden und mindestens 30 Antworten zu generieren – und zwar vor und nach der Einführung von Dynamic Pricing. Insgesamt 16 Hotels lieferten eine ausreichende Datengrundlage mit insgesamt jeweils mehr als 1’000 Gästeantworten vor und nach der Einführung der Softwarelösung.

Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse, wobei eine Gewichtung stattfand, um alle 16 Hotels gleichermassen zu berücksichtigen:
• Die Gesamtzufriedenheit veränderte sich nicht signifikant von 5.21 auf 5.27 (Skala 1-6).
• Die wahrgenommene Preisfairness veränderte sich nicht signifikant von 5.00 auf 4.93 (Skala 1-6).
• Die Weiterempfehlungsabsicht veränderte sich nicht signifikant von 8.82 auf 8.73 (Skala 1-10).

Somit hat die Einführung von Dynamic Pricing keinen Effekt auf die Gästezufriedenheit. Dies liegt unter anderem daran, dass bereits vor der Einführung von Dynamic Pricing 74.5% der befragten Personen glaubten, dass die Preise dynamisch gebildet werden. Nach der Einführung von Dynamic Pricing lag dieser Anteil bei 78.1%. Auch der Net Promoter Score (NPS) blieb nahezu konstant (60.6% vs. 58.4%).
Somit zeigen sich im Hinblick auf die Veränderung der internen Kompetenzen (Perspektive 1) und im Hinblick auf die Veränderung der Gästezufriedenheit (Perspektive 2) Ergebnisse, die für die Einführung von Dynamic Pricing sprechen. Doch können die Hotels auch von einer positiven Veränderung der finanziellen Performance profitieren?

Perspektive 3: Veränderung der finanziellen Performance

Um dies zu untersuchen, wurden die folgenden branchenüblichen Kennzahlen herangezogen:
• Zimmerbelegung bzw. Occupancy (in %)
• Durchschnittsrate bzw. Average Daily Rate (in CHF)
• Umsatz pro verfügbares Zimmer bzw. Revenue Per Available Room (in CHF)

Insgesamt 21 Hotels lieferten diese Kennzahlen für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten vor der Einführung von Dynamic Pricing und von mindestens 8 Monaten nach der Einführung von Dynamic Pricing. Die ersten beiden Monate nach der Einführung der Softwarelösung wurden in der Analyse nicht berücksichtigt, da die Buchungen für Aufenthalte in diesem Zeitraum meist noch vorher getätigt wurden.
Eine aggregierte Analyse zeigt folgende Ergebnisse:
• Die Zimmerbelegung stieg von 47% auf 59%.
• Die Durchschnittsrate stieg von 166 CHF auf 173 CHF.
• Der Umsatz pro verfügbares Zimmer stieg von 89 CHF auf 107 CHF.

Abbildung 2: Vorher-Nachher-Messung in Bezug auf die
finanzielle Performance

Abbildung 2 verdeutlicht diese Ergebnisse. Im Hinblick auf diesen Vorher-Nachher-Vergleich ist jedoch anzumerken, dass es sich um ein einfaches Design ohne Kontrollgruppe handelt, welches weitere externe Effekte nicht vollständig ausschliessen kann.

Limitationen und Implikationen

Diese Limitation sollte in zukünftigen Untersuchungen berücksichtigt werden. Eine Möglichkeit wäre, weitere Hotels für ein Forschungsprojekt zu akquirieren, die jedoch zunächst auf die Einführung von Dynamic Pricing verzichten und als Kontrollgruppe dienen. Alternativ könnten Benchmarks von vergleichbaren Hotels herangezogen werden, die in diesem Forschungsprojekt nicht verfügbar waren.
Trotz dieser Einschränkung ermutigen die Ergebnisse dazu, Dynamic Pricing einzuführen. Hotels können sowohl ihre internen Kompetenzen als auch ihre finanzielle Performance verbessern, ohne dass sich die Gästezufriedenheit verändert. Dies liegt vor allem daran, dass die Gäste bereits erwarten, dass die Preise dynamisch gebildet werden.

In anderen Branchen, in denen Dynamic Pricing weniger verbreitet ist, können die Effekte anders ausfallen, da dann z.B. die wahrgenommene Preisfairness sinken kann, was sich wiederum auf weitere Einstellungs- und Verhaltensgrössen auswirken kann. Dann kann der vorgestellte Ansatz ein hilfreiches Instrument sein, um einen Piloten durchzuführen und die Effekte auf Basis der drei vorgestellten Perspektiven zu messen.

Steffen Mueller

Kontakt
Prof. Dr. Steffen Müller

Dozent, Fachstelle Behavioral Insights & Pricing ZHAW School of Management & Law

steffen.mueller@zhaw.ch
+41 58 934 79 24

Die Autoren

Prof. Dr. Steffen Müller
Dozent, Fachstelle Behavioral Insights & Pricing ZHAW School of Management & Law
Dr. Nina Heim
Dozentin, Fachstelle Behavioral Insights & Pricing ZHAW School of Management & Law
Vera Lenggenhager
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachstelle Behavioral Insights & Pricing ZHAW School of Mgm & Law
Dr. Ari Andricopoulos
CEO, RoomPriceGenie AG

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Swiss Insights News #6

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Jederzeit auskunftsfähig: Die Vorteile eines kontinuierlichen Marken- bzw. Werbetrackings

Ein falsch gewähltes Kampagnensujet, ein ungünstig formulierter Tweet oder eine strategische Änderung der Markenausrichtung – schon öffnet sich die Büchse der Pandora für einen potenziellen Imageschaden. Doch wie lange hält ein solcher Imageschaden an? Wann ist die Marke wieder auf wünschenswertem Niveau?

Oder von der erfreulichen Seite betrachtet: Die neue Kampagne ist ein wahrer Erfolg, die Kund:innen sind glücklich, neue Konsument:innen und neue Käufer:innen sind gewonnen. Wie lange kann eine Marke von einer erfolgreichen Kampagne profitieren?

Natürlich liefern Absatzzahlen oftmals Informationen über die aktuelle Performance einer Marke. Jedoch ist die reine Betrachtung von Verkaufs- und Marktanteilen meist auch mit Wissenslücken verbunden, da sie oft mit Promotionen einhergehen, welche auch kontraproduktiv für das Markenimage sein können. Daher hat LINK in Kooperation mit der Universität Luzern und dem Institut für Marketing & Analytics (IMA) im September 2021 den Swiss Brand Observer (SBO) lanciert. Insgesamt erhebt der SBO 26 relevante Grössen zur Markenwahrnehmung (z.B. KPIs zum Purchase Funnel, Image-Dimensionen, Zufriedenheit und Weiterempfehlung) und ergänzt diese mit der aktuellen Online- und Offlinewerbewahrnehmung. Somit ergibt sich ein umfassendes, kundenbezogenes Abbild der Marke – und dies wochenaktuell. Die Wahrnehmung medialer Ereignisse – sei es in Form von Kampagnen oder Medienberichten – kann praktisch live mitverfolgt werden. Einerseits wird evaluiert, ob diese wahrgenommen werden, und andererseits inwiefern diese einen möglichen Einfluss auf andere Markenattribute haben. Dies ist insbesondere für die jeweiligen Geschäftsbereiche Marketing, Strategie und Branding relevant, um die eigene Marke besser zu beobachten, zu steuern und zu entwickeln. Zudem haben Kundinnen und Kunden nicht nur Einblick in ihre eigene Marke, sondern auch in alle anderen erhobenen Marken im SBO. Dies erlaubt ihnen, ihre Analysen nicht nur in ihrem «engen» Konkurrenzfeld zu betrachten, sondern sie haben nun die Möglichkeit, sich jeweils mit dem «Best In Class» zu vergleichen.

Ein wissenschaftlich validiertes Brand Tracking

Dem SBO liegt ein in der Schweiz einzigartiges Studiendesign zu Grunde: LINK hat dieses in Kooperation mit der Universität Luzern und dem Institut für Marketing & Analytics konzipiert. Der SBO basiert auf dem seit vielen Jahren etablierten Customer-Based Brand Equity-Ansatz (CBBE), welcher von vier Dimensionen ausgeht (Aaker, 1996 | Keller, 1993):

Die Dimension Markenbekanntheit bezeichnet die Verankerung der Marke bei Konsumentinnen und Konsumenten, welche wiederum auch die Wahrnehmung und Einstellung zur Marke beeinflussen kann (Aaker, 1996). Hingegen bezeichnet die Markenloyalität das positive Denken über die Marke und ob infolgedessen die Marke wiederholt genutzt wird (Keller, 1993). Loyale Konsumentinnen und Konsumenten sind auch bereit, einen Aufpreis für diese Marke zu bezahlen (Mehrzahlungsbereitschaft). Image-Komponenten einer Marke werden wiederum in der Dimension Markenassoziationen/Markenimage erhoben. Aus diesen ziehen Konsument:innen resp. Kund:innen ihren emotionalen Nutzen (Markenpersönlichkeit) und Assoziationen werden in den
Köpfen geschärft, damit die Zielgruppe die Marke von anderen Marken differenzieren kann. Dies ist unabdingbar für eine Marke, wenn sie nachhaltig erfolgreich sein will (Aaker, 1996). Abgrenzend zu den Assoziationen/zum Image bezeichnet die Markenqualität die Wahrnehmung der Qualität einer Marke bezogen auf deren produktbezogene, funktionale und erlebnishafte Eigenschaften (Keller 1993). Auch neuere Forschungsarbeiten zeigen, dass CBBE-Grössen auf Kundenakquisition, Kundenbindung oder Erhöhung der Gewinnmargen einen Einfluss haben (Stahl et al., 2012 | Slotegraaf & Pauwels, 2008). Zudem wurde der SBO in einer kürzlichen Untersuchung empirisch validiert (Naan et al., 2023).

Grafik 1: «Customer-Based Brand Equity» als Grundlage für die Konzeptualisierung des Swiss Brand Observers

Um genügend valide Datenpunkte für eine Marke zu erhalten, erhebt LINK wöchentlich in acht Segmenten insgesamt n=2’000 Interviews resp. n=250 Interviews pro Woche im qualitativ hochwertigen LINK Panel. Dies summiert sich auf über 104’000 Interviews total und über 13’000 Interviews pro Marke im Jahr. Somit ist es möglich, die Markenperformance über das ganze Jahr genau zu analysieren und schnell zu handeln, sofern (un)erwünschte Bewegungen ersichtlich werden.

Damit die eigene Marke, das Konkurrenzumfeld oder der jeweilige «Best In Class» Brand einfach und schnell analysiert werden kann, sind die Daten in einem intuitiven Dashboard – mit diversen Filtermöglichkeiten wie Alter, Geschlecht, Mediennutzung etc. – abrufbar. «So besteht erstmals die Möglichkeit, Marketingausgaben der zeitlichen Entwicklung gegenüberzustellen und die Massnahmeneffektivität in einem modernen Ansatz zu analysieren. Gleichzeitig schafft das Tool Transparenz, da das dynamische Wettbewerbsumfeld bei den meisten Marken bisher weniger miteinbezogen wurde», erklärt dazu Prof. Dr. Reto Hofstetter, Professor für digitales Marketing am IMA. Ein weiterer Vorteil des Dashboards: Historische Daten seit September 2021 sind inkludiert und neue Daten werden mit wenig Aufwand hochgeladen.

Was Credit Suisse und Toblerone (nicht) gemeinsam haben

Ein konkretes Beispiel aus dem Swiss Brand Observer aus den Monaten Januar 2023 bis und mit Mitte Mai 2023 (Stichtag: 14. Mai 2023): Wir erkennen in Grafik 2 einen signifikanten Anstieg (dargestellt mit einem Pfeil nach oben) der konsolidierten Medienwahrnehmung (Konsolidierung der Online- und Offline-Werbewahrnehmung + Medienberichte) sowohl bei Credit Suisse als auch bei Toblerone im März 2023.

Grafik 2: Auszug aus dem Swiss Brand Observer (15-79 Jahre, gesamte Schweiz inkl. Tessin). Konsolidierte Medienwahrnehmung bezeichnet die Konsolidierung von Online- und Offline-Werbewahrnehmung sowie Wahrnehmung von Medienberichten.

Was ist passiert? Die effektive Übernahme der CS durch die UBS wurde im März offiziell, und auch Toblerone geriet in das Fadenkreuz der Medien, da publik wurde, dass nun sowohl das Matterhorn als auch die Aufschrift «of Switzerland» aufgrund des neuen Produktionsstandorts Slowakei schwinden müssen. Der wahrgenommene mediale Anstieg der CS erreichte im April seinen Höhepunkt und sank im Mai wieder signifikant, während bei Toblerone ein kontinuierlicher Rückgang der Werbewahrnehmung festzustellen ist.

Doch was bedeuten solche negativen Schlagzeilen für eine Marke? Bei beiden Marken lassen sich zwei komplett verschiedene Szenarien erkennen.

Hierfür wird das Beispiel der Markengrösse Grundeinstellung zur Marke (besonders positive Wahrnehmung) genutzt (Grafik 3). Während vor der medialen Berichterstattung ca. 30 % der Schweizer Bevölkerung Toblerone als besonders positiv wahrgenommen haben, sinkt dieser Anteil signifikant auf 22 % und bleibt bis Mitte Mai unverändert – trotz des signifikanten Rückgangs der Werbewahrnehmung. Bei der CS sehen wir zwar ebenfalls einen leichten Rückgang der Grundeinstellung zur Marke, jedoch war das Niveau bereits vor der Bekanntgabe der Übernahme durch die UBS vergleichsweise tief, sprich: Die CS performt zwar etwas schlechter als zuvor, jedoch ist das (negative) absolute Potenzial für Toblerone in dieser Dimension viel grösser. Da auch andere KPIs wie die Qualitätswahrnehmung oder Mehrzahlungsbereitschaft für beide Marken in diesem Zeitraum zurückgehen, haben beide Brands offensichtlich aktuell grössere Schwierigkeiten darin, ihre Marktposition bzw. -penetration auf dem Niveau vor März zu halten. Im Swiss Brand Observer kann des Weiteren verfolgt werden, ob diese Performance-Rückgänge langfristiger Natur sind und wie gross der Verlust an Markenattraktivität ist.

Grafik 3: Repräsentativer Auszug aus dem Swiss Brand Observer (15-79 Jahre, gesamte Schweiz inkl. Tessin). Die Grundeinstellung zur Marke bezeichnet die positive Wahrnehmung einer Marke.

Fazit

Für Marketeers, Brand Manager:innen sowie Strateg:innen ist es heute unabdingbar, schnell auf Veränderungen reagieren zu können – sowohl bei positiven als auch bei negativen Wahrnehmungen der Marke. Im Omnichannel-Zeitalter sind Marken einer bis dato nicht dagewesenen Wahrnehmungsintensität unterworfen, sei es durch Werbung, Medienberichte oder in den sozialen Medien. Je nach medialem Ereignis kann sich folglich in einem Fall beispielsweise die Grundeinstellung zur Marke ändern, während die Qualitätswahrnehmung stabil bleibt.

Der Swiss Brand Observer knüpft genau hier an: Veränderungen wahrnehmen und gleichzeitig verstehen, auf welche Veränderungen reagiert werden sollte. Ein jährliches Tracking wird diesem Anspruch oftmals nicht gerecht, und selbst ad hoc Projekte direkt nach einer negativen Berichterstattung sind ebenfalls zeitlich eingeschränkt, da das unmittelbare «Zuvor» nicht erfasst und das «Danach» lediglich während der Feldzeit evaluiert wird. Die Wissenslücke, wie lange ein Brand an einem potenziellen Imageschaden leidet oder wie lange eine Marke von einer gelungenen Kampagne profitiert, kann mittels eines kontinuierlichen Brandtrackers wie dem Swiss Brand Observer also geschlossen werden.

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Laura Colledani

Head of Healthcare Research and Data Products LINK

laura.colledani@link.ch
+41 41 367 72 25

Die Autorin
Laura Colledani ist Head of Healthcare Research and Data Products bei LINK und hat sich auf Datenprodukte, Markenbeobachtung sowie Consulting und Insight-Storytelling spezialisiert. Dank ihrer umfangreichen Expertise generiert sie immer wieder neue innovative Lösungen und wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung von Marken.

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Dirty on the go? Datenqualität in Online-Surveys zwischen PC und Mobilgeräten

Das Internet in der Tasche mit sich tragen – was vor 25 Jahren eine utopische Vorstellung war, ist heute trivial. Die Einführung des Smartphones hat unser Leben verändert, nicht zuletzt auch die Markt- und Meinungsforschung.

Mit immer besseren Internetverbindungen, grösseren Bildschirmen und einer schnellebigeren Gesellschaft mit permanenter Aufmerksamkeitsknappheit[5] stieg das Bedürfnis im letzten Jahrzehnt stark an, Umfragen auch auf Mobilgeräten anbieten und ausfüllen zu können. Diese erhöhte Nachfrage mobiler oder zumindest mobilkompatibler Umfragen schafft nicht nur neue Herausforderungen für das Design und die Handhabung von Onlineumfragen, sondern muss auch hinsichtlich Datenqualität differenziert betrachtet werden.

Anhand anonymisierter Meinungsdaten einer Kundenbefragung eines grossen Schweizer Retailers, die 2014 lanciert wurde und seither täglich neue Rückläufe verzeichnet, analysieren wir die Entwicklung der mobilen Teilnahmen und deren Auswirkung auf die Datenqualität.

Datenqualität – Was ist das eigentlich?

70 Millionen Suchergebnisse bei Google demonstrieren die Relevanz des Begriffs “Data Quality” eindrücklich. Während im Alltag der Begriff “Datenqualität” häufig mit der Richtigkeit (Präzision) von Daten gleichgesetzt wird, ist Datenqualität in der Markt- und Meinungsforschung komplexer. Hier stehen am Ende der Datenverarbeitung Auftraggebende oder Forschende als Consumer der Daten. Deshalb ist es besonders wichtig, zu verstehen, dass Datenqualität aus Consumer-Sicht oft über die Präzision von Werten hinausgeht und auch Aspekte wie beispielsweise Glaubwürdigkeit, Relevanz, Vollständigkeit, Interpretierbarkeit, Konsistenz und Zugänglichkeit von Daten für Consumer berücksichtigt[18]. Relevanz zum Beispiel umfasst, dass Daten für ihren beabsichtigten Zweck tatsächlich geeignet sind, denn eine schlechte Datenqualität kann zu fehlerhaften Entscheidungen und ineffizienten Geschäftsprozessen führen, während eine hohe Datenqualität eine fundierte Entscheidungsfindung, bessere Geschäftsprozesse und letztendlich bessere Geschäftsergebnisse unterstützt.

Datenqualität, die in der Literatur mit zahlreichen verschiedenen Modellen beschrieben wird[6], kann durch geeignete Massnahmen optimiert werden. Einerseits vor der Feldphase, mittels elaboriertem Sampling, stringenter Fragebogenkonzeption und Pretesting. Andererseits in der Analyse und der technischen Bereinigung der bereits gewonnenen Daten. Hinzu kommen Meta-Aspekte der Datenqualität wie Passung der Daten zur Forschungsfrage, Prozesstransparenz, faire Datengewinnung oder proaktiver Datenschutz, die Empowerment für Kundinnen und Kunden bewirken[10].

Fallstudie: Kundenbefragung eines grossen Schweizer Retailers

Unsere Analyse erhebt erstmals a) eine durchmischte, reale Zielgruppe (Kundinnen und Kunden eines Retailers) mit b) grosser Datenmenge c) für die Schweiz und hebt sich damit deutlich von bisherigen Studien ab. Sie orientiert sich methodologisch am Vorgehen von Schlosser und Mays[13], die 2018 den Einfluss von mobilen Teilnahmen auf die Datenqualität an einer Gruppe von 820 deutschen Studierenden untersuchten.

Unsere Analyse greift auf vollständig anonymisierte Daten der Kundenbefragung eines Schweizer Retailers zurück, die 2014 in einem Unternehmensbereich lanciert und anschliessend sukzessiv auf weitere Unternehmensbereiche ausgeweitet wurde. Stand Mai 2023 lagen 345’000 Umfragerückläufe mehrsprachig (de, fr, it) schweizweit vor. Der Fragebogen enthält 6 Fragen. Darunter befinden sich eine Frage zur Weiterempfehlungsbereitschaft, eine Tabelle mit 5 Items und elfstufiger Likert-Skala, eine Frage mit offener Textantwort und zwei Ja-Nein-Fragen. Für die Beantwortung stehen die im Internet verbreiteten Radiobuttons und Textfelder zur Verfügung. Die mittlere Bearbeitungszeit beläuft sich auf rund 2 Minuten. Es werden keine soziodemografischen Daten erhoben. Als Befragungssoftware wird die Umfrageplattform von onlineumfragen.com genutzt. Die Kundinnen und Kunden werden in einem mixed-mode Verfahren via E-Mail (ca. 95%) und SMS eingeladen (ca. 5%).

Entwicklung der Relevanz mobiler Teilnahmen 2014 bis 2023

In unserem Sample stieg der Anteil der mobi-len Teilnahmen, gemessen über Browser Agent Strings und Bildschirmgrösse, seit 2014 stetig. Mobile Teilnahmen haben sich in der Zeit von 2014 bis 2023 mehr als verdreifacht.

Eine Abschwächung der Entwicklung in den letzten fünf bis sechs Jahren könnte mit einer Sättigung der Zielgruppe zu tun haben: Wer potenziell mobil teilnehmen möchte, verfügt nun auch über die Möglichkeit.

Bild 1: Anteil mobile Teilnahmen Kundenzufriedenheitsbefragung im Retail-Sektor, 2014 bis 2023

Auswirkungen des mobilen Modus auf die Datenqualität

Um Datenqualität in konkreten Aspekten zu messen, wurde ein Subsample aus insgesamt 46’581 aktuellen Teilnahmen herangezogen. Die Eingrenzung erfolgte nach Datum jünger als 01.01.2022. Folgende Kriterien der Datenqualität wurden untersucht:

  1. Reaktionszeit zur Umfrage-Einladung
  2. Bearbeitungszeit für eine Frage
  3. Bearbeitungszeit ganze Umfrage
  4. Abschlussrate
  5. Item nonresponse
  6. Straightliner
  7. Extrem Response Style (ERS)
  8. Länge der Antworten auf offene Fragen

Benötigen mobile Teilnehmende mehr Zeit?

Zunächst wurde die Reaktionszeit zur Umfrage-Einladung ermittelt. Sie wurde über die Differenz des Zeitstempels der Einladung zur Umfrage (Versandzeitpunkt Einladungs-E-Mail) zum Zeitstempel des Aufrufs der Umfrage (Klick auf Umfragelink) berechnet und auf Ausreisser bereinigt, indem nur Teilnahmen, die innert 7 Tagen ab Einladung erfolgten, berücksichtigt wurden.

Da die Teilnehmenden auf Mobilgeräten daran gewöhnt sind, ihr Mobiltelefon ständig bei sich zu tragen und erreichbar zu sein, gehen wir davon aus, dass diese Befragten schneller reagieren als Befragte, die die Einladung über ihren PC erhalten (Hypothese 1).

Auf Mobilgeräten betrug die mittlere Reaktionszeit 13 Stunden (M=13.15; SD=25.43; nmob=23’685), auf Nichtmobilgeräten 22.75 Stunden (M=22.75; SD=34.26; npc=20’481), die Abweichung ist gemäss Welch-Test t(37137)=32.86 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.32 entspricht einem mittleren Effekt.

Wurden zusätzlich Teilnahmen zwischen 7 und 14 Tagen nach Einladung berücksichtigt, ergab sich mobil eine mittlere Reaktionszeit von 17.5 Stunden (M=17.53; SD=40.11; nmob=24’169), auf Nichtmobilgeräten 31 Stunden (M=31.09; SD=53.81; npc=21‘335), die Abweichung ist gemäss Welch-Test t(38947)=30.08 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.29 zeigt einen knapp mittleren Effekt.

Die Teilnahmen durch Personen, die Mobilgeräte für die Umfrage nutzen, erfolgen also im Mittel rund 9.6 (resp. 13.6) Stunden früher und damit deutlich näher am Zeitpunkt der Einladung (Hypothese 1 bestätigt). Dies könnte je nach Umfrage einen Einfluss auf Themen wie Erinnerungsleistung, Teilnahmemotivation oder die Emotionalität der Rückmeldungen haben.

Die mittlere Beantwortungszeit für eine Frage wurde als Differenz zwischen dem Zeitpunkt der abgeschlossenen Anzeige im Browser und dem Klicken auf den Button “Speichern – nächste Frage” bei einer Tabellenfrage bestehend aus 5 Items mit elfstufiger Likert-Skala zur Zufriedenheit bestimmter Aspekte des Einkaufserlebnisses gemessen. Die Frage wurde mobil und nicht mobil methodologisch identisch präsentiert und nur im Seitenverhältnis der Tabelle, der Breite und der Schriftgrösse im Sinne einer responsiven Darstellung mobil optimiert. Für die mobilen Teilnahmen rechnen wir mit einer erhöhten Beantwortungszeit für komplexere Tabellenfragen[4], da diese mobil schwieriger zu erfassen sind, die mobile Befragungssituation oft konzentriertes Beantworten erschwert, Fragen etwas weniger leicht zu lesen sind und die technische Erfassung der Antworten (Touchscreen) etwas anspruchsvoller und fehleranfälliger ist (Hypothese 2).

Das arithmetische Mittel der Bearbeitungszeit wurde auf Ausreisser bereinigt (Zeit > 10 Sekunden und < 180 Sekunden) und liegt bei den mobilen Teilnahmen bei 40 Sekunden (M=40.09; SD=23.01; nmob=20’333), bei den nicht mobilen Geräten bei 36 Sekunden (M=35.70; SD=20.53; npc=19’402).

Die Abweichung ist gemäss Welch-Test t(39555)=20.09 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.2 zeigt einen kleinen, aber vorhandenen Effekt. Die Bearbeitungszeit ist auf Nichtmobilgeräten etwas geringer (Hypothese 2 bestätigt).

Die Bearbeitungszeit für die ganze Umfrage wurde aus der Differenz der Anzeige der ersten Frage am Bildschirm und des Klickens auf den Button “Speichern” bei der letzten Frage berechnet.

Weil das Ausfüllen einer Umfrage über Mobilgeräte mühsamer und störanfälliger sein kann und auch die mobile Befragungssituation in der Regel mehr Ablenkungen ausgesetzt ist, könnte die Gesamtbearbeitungszeit mobil höher ausfallen. Andererseits könnte durch genau diese situativen Faktoren die Motivation, die Umfrage elaboriert “in Ruhe” und genau auszufüllen, abgeschwächt sein, und es findet vermehrt eine schnellere, oberflächlichere kognitive Verarbeitung statt, speziell bei Fragen, die sich nicht mit dem individuellen inhaltlichen Feedback-Kern decken und eher als Ballast empfunden werden. Daher vermuten wir in Abwägung dieser Überlegung für die mobilen Teilnahmen eine etwas kürzere Gesamtbearbeitungszeit (Hypothese 3).

Das arithmetische Mittel der Gesamtbearbeitungszeit wurde auf Ausreisser bereinigt (Zeit > 10 Sekunden und < 300 Sekunden) und liegt bei den mobilen Teilnahmen bei 118 Sekunden (M=118.17; SD=63.68; nmob=17’435), bei den nicht mobilen Geräten bei 116 Sekunden (M=115.73; SD=65.40; npc=16’915).

Die Abweichung ist gemäss Welch-Test t(34237)=3.50 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.038 zeigt einen sehr kleinen Effekt. Die Bearbeitungszeit ist auf Mobilgeräten somit minimal länger.

Ein spannendes Bild zeigt sich bei einer weniger starken Bereinigung von Ausreissern (Zeit > 10 Sekunden und < 3600 Sekunden). Dann liegt die Gesamtbearbeitungszeit bei den mobilen Teilnahmen bei 173 Sekunden (M=172.50; SD=237.03; nmob=19’619), bei den nicht mobilen Geräten bei 185 Sekunden (M=184.69; SD=256.90; npc=19’518). Diese Abweichung ist gemäss Welch-Test t(38851)=4.88 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.05 zeigt einen kleinen Effekt, aber nun dauern die PC-Teilnahmen länger. Dies könnte damit zusammenhängen, dass es auf PCs eine höhere Anzahl an Teilnehmenden gibt, die die Umfrage unterbrechen und nach einer Pause (z.B. Mittagspause, Telefongespräch, etc.) fortsetzen. Damit ergeben sich schnell sehr lange (aber nicht andauernd von Aktivität geprägte) Bearbeitungszeiten. Unter Ausschluss von Gesamtbearbeitungszeiten über 5 Minuten sind mobile Teilnahmen also geringfügig langsamer und weisen weniger Pausen auf (Hypothese 3 teilweise abgelehnt). Weshalb bei Einschluss von Gesamtbearbeitungszeiten bis zu einer Stunde die PC-Teilnahmen länger dauern, müsste weiter untersucht werden und könnte auch mit einem höheren Anteil an älteren und weniger IT-affinen Personen in der PC-Gruppe zusammenhängen, sowie auch damit, dass am PC generell etwas längere Texte bei Textantworten erfasst werden – jedoch werden diese oft auch schneller getippt (siehe Hypothese 8).

Bild 2: Reaktionszeit (RZ), Beantwortungszeit Tabellenfrage (BZ Frage) sowie Beantwortungszeit Gesamter Fragebogen (BZ Gesamt)

Brechen mobile Teilnehmende häufiger ab?

Weiter wurde die Abschlussrate berechnet. Sie bezeichnet die Anzahl der Teilnehmenden, die den Fragebogen bis zum Schluss ausgefüllt haben (letzte Frage wurde beantwortet).

Da das Ausfüllen der Umfrage über mobile Geräte weniger bequem sein kann, in “mobilen Situationen” oftmals vermehrt Ablenkungen auftreten und eine Umfrage auch nebenbei beantwortet werden könnte[1][3][8], sollte die Abbruchquote in der Mobil-Gruppe höher sein als in der PC-Gruppe (Hypothese 4).

Auf Mobilgeräten betrug mit einer Stichprobengrösse von nmob=24’613 die Complete-Rate 82.3% (ncomp_mob=20’259), sowie mit npc=21’968 auf Nichtmobilgeräten 89.6% (ncomp_pc=19’679). Die Abweichung hat ein Odds Ratio[16] von 0.5412 mit p<0,001 (entspricht Cohen’s d von rund 0.33 als mittlerer Effekt[2]), der Unterschied ist gemäss Fisher‘s Exact Test signifikant mit p<0,001. Die Abschlussrate ist also auf Mobilgeräten rund 7,3 Prozentpunkte tiefer. Umgekehrt betrachtet wurde eine Abbruchquote (Break-Off Rate) von mobil 17.7% gegenüber nicht mobil 10.4% beobachtet. Dies entspricht einer doch deutlichen Erhöhung um zwei Drittel (Hypothese 4 bestätigt).

Bild 3: Abbruchrate Mobil vs. PC

Antworten mobile Teilnehmende weniger aufmerksam?

Der Begriff Item Non-Response beschreibt das Nichtbeantworten von Fragen, oder – bei Pflichtfragen, die bei Auslassen nochmals gestellt werden wie in unserem Fragebogen – die Auswahl einer Ausweichkategorie wie zum Beispiel “weiss nicht” oder “keine Antwort” bei Single- und Multiple-Choice-Fragen oder Tabellen mit Likert-Skalen. Untersucht haben wir dazu die im Fragebogen enthaltene Tabellenfrage mit 5 Items/Zeilen, die eine elfstufige Likert-Skala von höchst zufrieden bis höchst unzufrieden sowie die Ausweichkategorie “nicht beurteilbar” anbietet. Unsere Berechnung zeigt, wie oft die Ausweichkategorie ausgewählt wurde.

Aus denselben Gründen wie bei Hypothese 4 vermuten wir, dass die Häufigkeit von Item Non-Response mobil höher ist als am PC (Hypothese 5). Limitierend für diese Studie ist anzumerken, dass Pflichtfragen eingesetzt wurden und daher das Kriterium “Item Non-Response” keine eigentlichen Nicht-Antworten erfasst, sondern lediglich die Nutzung der Ausweichkategorie, und diese zudem mit “nicht beurteilbar” statt typischerweise “weiss nicht/keine Antwort” beschriftet ist.

Auf Mobilgeräten betrug mit einer Gesamtantwortanzahl von nmob=107’131 der Anteil an “nicht beurteilbar”-Antworten 3.39% (nw_mob=3’626), auf Nichtmobilgeräten mit npc=101’225 Antworten 4.48% (nw_pc=4’535).

Diese Abweichung hat ein Odds Ratio[16] von 1.3385 mit p<0,001 (entspricht Cohen’s d von 0.16 als schwacher Effekt[2]), der Unterschied ist gemäss Fisher‘s Exact Test signifikant mit p<0,001. Der Prozentsatz an “nicht beurteilbar”-Antworten ist entgegen unserer Vermutung auf Mobilgeräten damit um rund einen Viertel tiefer (absolut 1.09%). Die Hypothese 5 wird damit vorläufig abgelehnt.

Dies könnte auf eine höhere Datenqualität hinweisen, könnte aber auch daran liegen, dass die Ausweichkategorie mobil auf Grund des kleinen Bildschirms der Position ganz rechts als marginal wahrgenommen wird, oder dass Teilnehmende auf Mobilgeräten zu bequem sind, die vorhandene Ausweichkategorie überhaupt erst auszuwählen, und daher sogenannte Trash-Antworten hinterlegen und die Ausweichkategorie schlichtweg nicht akkurat benutzen. Zum Beispiel, indem eine Spalte mit immer gleichen Antworten ausgewählt wird (“herunterkreuzeln” ohne nachzudenken).

Um diese Art der Verschmutzung genauer zu untersuchen, wurden nachfolgend auch einige Typen von Straightlining untersucht. Es handelt sich dabei um ein Null-Varianz-Antwortverhalten, bei dem ein immer gleicher Skalenpunkt unabhängig von der Skalenbreite, -ausrichtung und Frageformulierung für alle Zeilen einer Skalentabelle gewählt wird, was häufig bei unmotivierten Teilnehmenden auftritt[7]. Straightlining kann unter gewissen Umständen dennoch valide sein, zum Beispiel wenn eine Item-Batterie eine hohe interne Konsistenz aufweist und alle Items in dieselbe Richtung formuliert sind[12]. Bei unserem Vergleich zwischen mobilen und nicht mobilen Teilnahmen ist dies besonders spannend, da in beiden Gruppen die Zahl der validen Straightliner konstant sein müsste (da sich die eigentliche Meinung, auch wenn sie über die 5 Items hinweg einheitlich ist, von mobil und nicht mobil teilnehmenden Personen bei so grossen Stichproben nicht unterscheiden dürfte) und lediglich die Zahl der auf Grund der Geräteverschiedenheit unterschiedlich agierenden Teilnehmenden, also die nicht validen Straightliner, variieren dürfte. Dieses sozusagen geräteinduzierte Straightlining stellt eine Datenverschmutzung dar.

Wir vermuten, dass mobile Teilnehmende häufiger Straightlining aufweisen als Teilnehmende am PC (Hypothese 6).

Auf Mobilgeräten (Stichprobengrösse von nmob=21’500) betrug der Anteil an Teilnehmenden mit Straightlining 35.47% (nst_mob=7627), auf Nichtmobilgeräten (Stichprobengrösse mit npc=20’252) 31.19% (nst_pc=6316), diese Abweichung hat ein Odds Ratio[16] von 1.2131 mit p<0,001 (entspricht Cohen’s d von rund 0.10 als schwacher Effekt[2]), der Unterschied ist gemäss Fisher‘s Exact Test mit p<0,001 signifikant. Straightlining ist damit bei Mobilgeräten etwas häufiger problematisch, insbesondere, wenn man davon ausgeht, dass valides Straightlining (bewusstes, elaboriertes Entscheiden für immer dieselbe Skalenausprägung in allen Zeilen der Tabellenfragen) bei beiden Vergleichsgruppen theoretisch gleich häufig sein müsste. Eine allfällig doch vorhandene Differenz müsste demnach ausschliesslich den Anteil “verschmutzter Daten” auf Grund von demotivational bedingtem Straightlining widerspiegeln. Damit dürfte der tatsächliche Effekt grösser sein als der gemessene Effekt. Beispielsweise würden nach Abzug von angenommen 30% validen Straightliner für die nicht validen Straightliner mobil 5.47% und nicht mobil 1.19% “übrig bleiben”, also schon fast 5 mal mehr (Hypothese 6 bestätigt).

Der Begriff Extreme Response Style (ERS) bezeichnet ein spezifisches Antwortverhalten, bei dem in Tabellenfragen mit Likert-Skalen die Extrempunkte übermässig oder ausschliesslich genutzt werden. Wir klassifizieren für diese Studie Teilnehmende, die ausschliesslich Skalenendpunkte genutzt haben und mindestens eine Zeile mit einer diametral anders gepolten Antwort ausgewählt haben (z.b. 4 mal “höchst zufrieden” und 1 mal “höchst unzufrieden”, 3 mal “höchst zufrieden” und 2 mal “höchst unzufrieden”, 2 mal “höchst zufrieden” und 3 mal “höchst unzufrieden” etc.).

Wir vermuten, dass ESR auf Grund der Seltenheit des Phänomens bei mobilen Teilnahmen nicht signifikant häufiger auftritt als am PC (Hypothese 7).

Auf Mobilgeräten (Stichprobengrösse von nmob=21’500) betrug der Anteil an Teilnehmenden mit ESR 0.35% (nesr_mob=75), auf Nichtmobilgeräten (Stichprobengrösse mit npc=20’252) 0.38% (nesr_pc=77), diese Abweichung hat ein Odds Ratio[16] von 1.3993 mit p=0,62, der Unterschied ist gemäss Fisher‘s Exact Test nicht signifikant. Es gibt damit keinen signifikanten (allenfalls nur zufälligen) Unterschied in der Häufigkeit von Extreme Response Style (ESR) zwischen Mobil- und Nichtmobilgeräten (Hypothese 7 bestätigt).

Sind mobile Textantworten kürzer?

Die Länge der Textantworten auf offene Fragen kann ebenfalls ein Qualitätskriterium sein, weil durch kürzere Antworten oft weniger substanzielle oder ungenauere Aussagen für Auftraggebende herausgearbeitet werden können.

Bei mobilen Teilnahmen gehen wir aufgrund der umständlicheren Eingabetechnologie, der eingeschränkten Platzverhältnisse und der mobilen Befragungssituation, die weniger elaborierte und zeitlich limitierte Reflexion begünstigen, von deutlich kürzeren Eingaben aus (Hypothese 8). Dies wurde bereits von Mavletova[9] sowie Toepoel and Lugtig[17] berichtet.

Das ausreisserbereinigte arithmetische Mittel der Textlängen grösser als 0 und kleiner als 500 Zeichen auf die Frage “Was (…) hat Sie am meisten gefreut (…) oder verärgert?” liegt bei den mobilen Teilnahmen bei 71.57 Zeichen (M=71.57; SD=78.20; nmob=16’156), bei den nicht mobilen Geräten bei 100.95 Zeichen (M=100.95; SD=97.34; nmob=15’427).

Die Abweichung ist gemäss Welch-Test t(29572)=29.48 signifikant mit p<0,001 und die Effektstärke mit Cohen’s d=0.33 zeigt einen mittleren Effekt. Die Teilnehmenden, die nicht mobil geantwortet haben, hinterlegten also deutlich längere Texte (Hypothese 8 bestätigt).

Bild 4: Arithmetisches Mittel (ausreisserbereinigt) Länge Textantworten Mobil vs. PC

Tabelle 1: Zusammenfassung der Ergebnisse und Effektstärke

Fazit und Empfehlungen für die Praxis?

Datenqualität in Onlineumfragen wurde im Vergleich zwischen mobilen und nicht mobilen Teilnahmen bisher wenig untersucht, wobei Ergebnisse vorangehender Studien mit einem erstmals sehr grossen Sample aus einer aktuellen Schweizer Kundenbefragung in einer realen für die Marktforschung relevanten Zielgruppe im Retail-Sektor weitgehend bestätigt werden.

Mobile Teilnahmen zeichnen sich in der vorliegenden Untersuchung im Unterschied zu nicht mobilen Teilnahmen aus durch…

  1. eine erhöhte Abbruchrate (=tiefere Abschlussrate),
  2. eine höhere Datenverschmutzung durch nicht valides Straightlining,
  3. deutlich kürzere offene Textantworten mit möglicherweise weniger substanziellen oder detaillierten Aussagen,
  4. eine schnellere Reaktionszeit auf Umfrageeinladungen,
  5. etwas weniger häufige Auswahl der Ausweichkategorie “nicht beurteilbar” in Likert-Skalen (was in Bezug auf Datenqualität unklar ist, da Teilnehmende unter Umständen mobil vorziehen, Trash-Antworten zu hinterlegen, anstatt akkurat die Ausweichkategorie zu benutzen, oder diese technisch auf Mobilgeräten zu wenig salient platziert ist),
  6. uneindeutige Ergebnisse zur Antwortdauer auf einzelne Fragen und des gesamten Fragebogens, wobei auf nicht mobilen Geräten mehr Pausen gemacht werden.

Grössere Unterschiede zwischen mobilen und nicht mobilen Teilnahmen bezüglich Datenqualität sind mit zunehmender Verbreitung technisch hochstehender Smartphones und Tablets und responsiven Fragebögen grundsätzlich nicht zu erwarten, da die noch vor wenigen Jahren beschriebenen Eingabehürden (schlechte Prozessorgeschwindigkeit, sehr kleine Screens, Usability, mangelhafte Netze[11]) weitgehend aus dem Weg geräumt wurden.

Eine zentrale Ausnahme ist die zu erwartende geringere Textmenge und die damit möglicherweise weniger elaborierten und ausführlichen Angaben bei Fragen mit offenen Textfeldern, die gerade bei Fragebögen mit einer gewissen qualitativen Orientierung die Datenqualität ganz wesentlich beeinträchtigen können.

Eine in mobilen Teilnahmen erhöhte Zahl an Straightliner – wie in dieser Studie gezeigt – kann durch ausgeklügelte Methoden[7][10] auch nachträglich in Survey Daten bereinigt werden.

Zusammenfassend empfehlen wir, obenstehende Implikationen für zukünftige geplante Umfragen regelmässig zu reflektieren sowie potenzielle Vor- und Nachteile transparent zu kommunizieren. Darüber hinaus empfehlen wir für alle Onlineumfragen intensives Pretesting in gemischten Zielgruppen (mobil und nicht mobil), eine entsprechende und gezielte Analyse der Pretest-Daten vor Feldstart auf für das Projekt wesentliche und in diesem Artikel beschriebene Parameter hin sowie das vorsorgliche Einbinden fachlicher Beratung durch Experten, gerade bei sensitiven Projekten.

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Raffael Meier

Mitgründer/CTO von onlineumfragen.com

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Raffael Meier, MA, MSc – Mitgründer/CTO von onlineumfragen.com und Pionier der deutschsprachigen Onlineumfragetechnologie. Er befasst sich mit gesellschaftlichen und methodologischen Aspekten von Daten und berät Kundinnen und Kunden mit dem Ziel «Empowerment»

Nina Gwerder, MA – Lead Consultant bei onlineumfragen.com und spezialisiert auf die Beratung namhafter nationaler und internationaler Unternehmen rund um das Thema Onlineumfragen und deren effektive Auswertung

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[16] Sheskin, DJ (2004). Handbook of parametric and nonparametric statistical procedures. 3rd ed. Boca Raton: Chapman & Hall /CRC.
[17] Toepoel, V., & Lugtig, P. (2014). What happens if you offer a mobile option to your web panel? Evidence from a probability-based panel of internet users. Social Science Computer Review, 32, 544–560.
[18] Wang, R.Y., & Strong, D.M. (1996). Beyond Accuracy: What Data Quality Means to Data Consumers. Journal of Management Information Systems, 12(4), S.5-33.
[19] Wells, T., Bailey, J.T., & Link, M.W. (2014). Comparison of smartphone and online computer survey administration. Social Science Computer Review, 32, S.238-255.

Conversational Marketing Automation in der Ära von Marketing 5.0

Indem Unternehmen auf die Bedürfnisse und Interessen ihrer Kundschaft eingehen und ihnen personalisierte Angebote und Informationen zukommen lassen, können sie die Kundenzufriedenheit steigern und somit die Kundenbindung erhöhen.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung von Conversational Marketing bietet das Unternehmen Birkenstock. Der bekannte Hersteller von Sandalen und Schuhen setzt auf virtuelle Produktberatung, um auch online seiner Kundschaft ein authentisches und personalisiertes Kauferlebnis zu bieten. Die virtuelle Beraterin namens Birki wurde in den Webshop des Unternehmens integriert und soll dem “Paradox of Choice” entgegenwirken. Kundinnen und Kunden können mit Birki interagieren und ihr ihre Bedürfnisse und Vorlieben mitteilen. Auf Basis dieser Informationen gibt Birki dann personalisierte Empfehlungen für passende Produkte.

Der Einsatz von Birki hat zu einer Steigerung der Konversionsrate und einer Reduktion von Warenkorbabbrüchen geführt. Zudem sammelt das Unternehmen wertvolle Daten und Insights über die Bedürfnisse und Vorlieben seiner Kundschaft, die in Zukunft für gezielte Werbekampagnen und personalisierte Angebote genutzt werden können.

Das Beispiel von Birkenstock zeigt, wie Conversational Marketing erfolgreich in die E-Commerce-Strategie eines Unternehmens integriert werden kann: Indem auf die Bedürfnisse und Interessen der Kundinnen und Kunden eingegangen wird, können Unternehmen die Customer Experience verbessern und somit auch ihre Verkaufszahlen steigern.

Fokus auf Personalisierung ist essenziell

Dabei ist der Fokus auf die Personalisierung besonders wichtig, weil Kunden auf relevante Nachrichten von Unternehmen gut reagieren. Unternehmen konzentrieren sich verstärkt auf die sogenannten Micro Moments, da diese Momente innerhalb der Customer Journey die generelle Wahrnehmung massgeblich beeinflussen. Das Thema Dialogmarketing wird verstärkt in die Multichannel- bzw. Omnichannel-Strategien der Unternehmen sowie in ihre Customer Experience-Konzepte integriert. Der automatisierte Kundendialog ist dabei eine passende strategische Option für Unternehmen.

Conversational Commerce, also z.B. der Einsatz von virtuellen Beratern im Online-Handel, hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Immer mehr Marken erkennen die Bedeutung von personalisierter Beratung und Fachwissen, um den Umsatz im E-Commerce zu steigern.

Das Beispiel Birkenstock zeigt, dass der Einsatz von virtuellen Beratern ein effektiver Weg ist, um das Kundenerlebnis zu verbessern und den Umsatz zu steigern. Der virtuelle Berater sollte gut gestaltet und auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt sein. Zudem sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie die Datenschutzbestimmungen einhalten und die Transparenz gewährleisten, um das Vertrauen ihrer Kunden zu gewinnen und langfristige Beziehungen aufzubauen.

Einsatz von Chatbots als weitere Möglichkeit

Eine weitere Option, um Conversational Marketing umzusetzen, ist der Einsatz von Chatbots auf Basis von künstlicher Intelligenz. Hier kommt ChatGPT ins Spiel, ein leistungsstarkes Framework, welches von OpenAI entwickelt wurde. ChatGPT kann nicht nur Texte verstehen und darauf reagieren, sondern auch eine Vielzahl von Aufgaben automatisch ausführen, wie beispielsweise das Buchen von Terminen oder das Beantworten von häufig gestellten Fragen. Darüber hinaus kann ChatGPT kontinuierlich lernen und sich verbessern, indem es die Interaktionen mit der Kundschaft analysiert und auf dieser Basis seine Antworten und Empfehlungen anpasst. Unternehmen können somit eine personalisierte und effektive Kundenkommunikation aufbauen und gleichzeitig Zeit und Kosten sparen.

Abbildung 1: Conversational commerce

Fazit

Unternehmen sind gefordert, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und die ersten Schritte in Richtung konkreter Use Cases zu machen. Das Potenzial ist enorm, aber auch das Risiko, wenn sich Unternehmen dieser Trends nicht annehmen.

Dominic Bolliger

Co-Founder DiALOGiFY

dominic@dialogify.io
M +41 79 445 12 02 | T +41 44 586 64 66

Der Autor
Dominic Bolliger ist Co-Founder von DiALOGiFY, der Next-Level Conversational Cloud Software – Powered by ChatGPT. DiALOGiFY unterstützt Marken und Unternehmen dabei, kundenzentrierte Interaktionen entlang der Customer Journey einzusetzen.

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Swiss Insights News #3

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Mobilitätsforschung durch smartes Tracking revolutioniert

In der Vergangenheit wurden Daten zum Reise- und Bewegungsverhalten der Bevölkerung häufig über Befragungen oder Tagebuchstudien erhoben. Aber das Vorgehen ist wenig effizient, für die Studienteilnehmenden oft aufwändig und die Genauigkeit der Angaben ist nicht immer hoch. So werden von den Studienteilnehmenden allenfalls zurückgelegte Wege oder Etappen nicht korrekt erinnert, verwechselt oder bewusst nicht angegeben.

intervista bietet eine technologisch fundierte Methodik, die nicht nur angenehmer für Studienteilnehmende, sondern auch effizienter und smarter ist: die kontinuierliche automatische Messung von Reise- und Bewegungsdaten durch Smartphone-basiertes Geolocation-Tracking. Diese passive Verhaltensmessung generiert dank des technischen Setups fortlaufend umfangreiche Datensets und bietet eine hohe Präzision. Gleichzeitig ermöglicht sie den Studienteilnehmenden die bessere Experience.
Wie das konkret funktioniert, möchten wir kurz erklären.

Footprints Research: Methodik und Technologie

Im Kern des smarten Verfahrens steht die von intervista entwickelte Smartphone App «Footprints Research». Die App registriert kontinuierlich die Aufenthaltsorte, die Daten der Bewegungs- und Rotationssensoren des Gerätes sowie Kontakte mit Beacons.

Mit den Tracking-Daten wird mit Modellen konkretes Verhalten ermittelt wie zurückgelegte Etappen und Wege, die Verkehrsmittelnutzung, der Mobilitätszweck und Besuche von Points-of-Interest (z.B. Supermärkte, Museen, Sportstadien, Restaurants etc.).

Abbildung 1: Footprints Research App
Abbildung 2: Messtechnologie und Datenaufbereitung

Im Herbst 2018 lancierte intervista das Footprints-Panel und sammelt seither kontinuierlich und vollautomatisch Mobilitätsdaten der teilnehmenden Panelistinnen und Panelisten. Aktuell erfasst das Footprints-Panel 3’000 Personen, diese wurden nach soziodemografischen Merkmalen entlang repräsentativer Vorgaben für die Schweizer Bevölkerung im Alter von 15 bis 79 Jahren aus dem intervista Online-Panel unter Einhaltung der geltenden Datenschutzgesetze (DSG und DSGVO) rekrutiert.
Im Unterschied zu herkömmlichen Tagebuchstudien, die in der Regel nur einen kurzen Zeitraum umfassen, erfasst die App das Verhalten an 365 Tagen im Jahr, wodurch insgesamt ein Datenschatz von mehr als 1 Million Messtagen pro Jahr erhoben wird, der intervista für Analysen zur Verfügung steht.

Abbildung 3: Heatmap Mobilität in der Schweiz

Zu den Footprints-Panelistinnen und -Panelisten liegen umfassende Profilmerkmale vor (z.B. Alter, Geschlecht, Einkommen, Interessen), welche mit den Messdaten kombiniert werden können, um tiefergehende Analysen durchzuführen.

Über die App können Personen zudem zu Befragungen eingeladen werden. So können z.B. Personen eingeladen werden, wenn sie bestimmte Orte besucht haben oder ein bestimmtes Verhalten zeigen. Dies ermöglicht gehaltvollere Forschungsdesigns, welche beispielsweise auch Motive und Wahrnehmung beinhalten.

Zudem bietet die App eine ideale Experience für die Teilnehmenden, da sie nur eine einmalige, einfache Installation erfordert und einen geringen Akkuverbrauch aufweist.

Anders gesagt: Die Footprints-Panelistinnen und -Panelisten nehmen an einer Mobilitätsstudie teil, indem sie einfach zur Arbeit pendeln, einen Städtetrip unternehmen oder einkaufen – ohne im Hinterkopf behalten zu müssen, sich den Ablauf möglichst gut einzuprägen und selbständig zu dokumentieren. Damit revolutioniert intervista die Mobilitätsforschung und bringt sie auf das nächste Level, um den zunehmend komplexen Fragestellungen zur Mobilität auf Augenhöhe zu begegnen.

Die App von intervista ist zudem als White-Label-Lösung verfügbar. So hat intervista beispielsweise im Jahr 2022 für das Bundesamt für Statistik BFS die massgeschneiderte MVMZ-App (Mikrozensus Mobilität und Verkehr) konzipiert und programmiert.

Den Mehrwert der App-basierten passiven Messung möchten wir Ihnen am Beispiel einer intervista-Studie veranschaulichen, die 2021 mit dem renommierten «GOR Best Practice Award» für den erfolgreichen Einsatz modernster digitaler Forschungsmethoden ausgezeichnet worden ist.

Mobilitäts-Monitoring während der COVID-19-Pandemie

Im Auftrag des statistischen Amtes des Kantons Zürich, der Swiss National COVID-19 Science Task Force, des Bundesamtes für Statistik BFS und der Konjunkturstelle der ETH Zürich führten wir im Rahmen der COVID-19-Pandemie während 18 Monaten (Januar 2020 – Juli 2021) ein umfassendes Mobilitäts-Tracking der Schweizer Bevölkerung durch.

Dank der umfangreichen Datenerhebung durch das Footprints-Panel konnten wir verschiedene Entwicklungen anhand ausgewählter Kriterien detailliert aufzeigen. So konnte u.a. gesehen werden, ob und inwiefern sich Bevölkerungssegmente an verbindliche Vorgaben sowie Empfehlungen des Bundesrates hielten.

Während der COVID-19-Pandemie veränderte sich das Mobilitätsverhalten der Schweizer Bevölkerung massiv. Das Tracking ergab, dass die Bevölkerung ihr Mobilitätsverhalten – zu Fuss, mit privaten Fahrzeugen sowie dem öffentlichen Verkehr – nach Erklärung der ausserordentlichen Lage am 16. März 2020 deutlich einschränkte. Insbesondere die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist zu dem Zeitpunkt stark eingebrochen und hat sich in der Folge nur langsam erholt.

Abbildung 4: Relative Entwicklung der Verkehrsmittelnutzung

Segmentiert nach Altersklassen zeigten sich Parallelen in den Verhaltensanpassungen über alle Altersklassen hinweg. Damit liess sich nachweisen, dass sich auch jüngere Personen an die Anweisungen des Bundesrates hielten und ihr Mobilitätsverhalten anpassten.

Abbildung 5: Tagesdistanzen nach Alter

Ein weiteres Beispiel ist die Messung, wie sich die Homeoffice-Empfehlung bzw. die spätere Homeoffice-Pflicht auf das Verhalten von Pendlerinnen und Pendlern mit fixem Arbeits- oder Ausbildungsort auswirkte. So hatte z.B. die Homeoffice-Empfehlung im Oktober 2020 nur einen geringen Effekt auf das tatsächliche Pendlerverhalten.

Abbildung 6: Pendleranteile im Zeitverlauf

Die Daten aus dem Footprints-Panel lassen auch Analysen der interkantonalen Mobilität zu. Die Abbildung zeigt die Mobilitätsverbindungen zwischen den Kantonen. Je stärker die Linie ist, desto mehr Reisen gibt es zwischen den beiden Kantonen. Besonders starke Verbindungen sind z.B. zwischen den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie zwischen Zürich und Aargau zu sehen. Solche Daten sind auch bedeutend für die Analyse von Infektionsketten über Kantonsgrenzen hinweg.

Abbildung 7: Interkantonale Mobilität

Einsatzmöglichkeiten des smarten Mobilitäts-Trackings

Die Studie illustriert beispielhaft den Mehrwert dieser Methodik, welche Mobilitätsforschung mit modernster Technologie verbindet. Mit den umfangreichen Daten aus dem Footprints-Panel und der hohen Präzision der Messmethode können aber auch verschiedenste weitere Fragestellungen zuverlässig und detailliert bearbeitet werden.

So können u.a. die Reichweite und Wirkung von Aussenwerbung, das Pendlerverhalten in Zeiten von Online-Vorlesungen und Homeoffice als neuer Selbstverständlichkeit im «New Work», die Besucherstruktur von Destinationen oder Veranstaltungen, Passantenfrequenzen und auch Einkaufsroutinen untersucht werden. Mit der Möglichkeit, über die App zusätzlich Befragungen durchzuführen, können Befragungsdaten mit den Messdaten kombiniert und gemeinsam analysiert werden. Dies ermöglicht weitergehende Insights, welche beispielsweise Verhaltensmotive und die unmittelbare Wahrnehmung an bestimmten Orten umfassen.

Beat Fischer

Mitglied der Geschäftsleitung
intervista AG

beat.fischer@intervista.ch, +41 31 511 39 21

Der Autor
Beat Fischer ist Mitglied der Geschäftsleitung von intervista. Er ist spezialisiert auf digitale Forschungsmethoden und Experte für Mobilitäts- und Werbeforschung. Bei intervista ist er zudem für das Business Development sowie die Entwicklung digitaler Produkte verantwortlich.

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Swiss Insights News #2

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Reputation durch verantwortungsbewusstes Handeln stärken

Mangelnde Nachhaltigkeit bei der Herstellung von Produkten, sozial unverträgliche Arbeitsbedingungen entlang der Produktionsketten, unnötige Umverpackungen, Abbau von Arbeitsplätzen – all das hat Einfluss auf die Reputation und den guten Ruf eines Unternehmens. Dies umso mehr in einer Zeit, in der Unternehmen und auch Schweizer Non-Profit-Organisationen (NPOs) unter ständiger Beobachtung stehen: Sowohl in klassischen als auch in den sozialen Medien wird jegliches Fehlverhalten genau in Augenschein genommen und diskutiert. Im Gegenzug schlagen sich aber auch positive Entwicklungen z.B. im Rahmen eines besonderen Engagements für soziale oder ökologische Themen, entsprechend positiv in der Reputation nieder.
Die verschiedenen Stakeholder:innen reden nicht nur darüber, sie handeln auch entsprechend: Als Konsumierende vermeiden sie Unternehmen mit zweifelhafter Reputation, als potenzielle Mitarbeitende wählen sie Unternehmen mit herausragender Reputation. Deshalb ist Reputationsmanagement nicht mit Krisenkommunikation gleichzusetzen, sondern sollte systematisch gepflegt werden. So wird zunehmend wichtig zu verstehen, wie die verschiedenen Stakeholder:innen über ein Unternehmen denken. Und zwar nicht nur in Zeiten der Krise, um reaktiv handeln zu können, sondern kontinuierlich, um ein systematisches Reputationsmanagement betreiben zu können.

Mit dem GfK Business Reflector das Thema Reputation stärker im Unternehmen verankern

Mit dem Business Reflector bietet GfK Unternehmen und Organisationen eine effiziente Möglichkeit, um herauszufinden, wie es um ihre Reputation bei der Schweizer Bevölkerung bestellt ist. Seit mehr als fünfzehn Jahren erfasst GfK einmal jährlich die Reputation der führenden Schweizer Unternehmen und seit sechs Jahren zudem die Reputation der bekanntesten Schweizer Non-Profit-Organisationen. Die Messung basiert auf einer repräsentativen Befragung der Schweizer Bevölkerung. Jeweils im Januar und Februar werden 3‘500 Personen zwischen 16 und 69 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz mittels einer repräsentativen Online-Umfrage befragt. Das Ranking beruht demnach nicht auf einer Analyse von Performance-Daten, Medienberichten oder anderen Kennzahlen und Experteneinschätzungen, sondern allein auf der Meinung der Schweizer Bevölkerung.
GfK erfasst für das jährliche Ranking eine Kerngruppe von Unternehmen, welche die bekanntesten Unternehmen, die 20 SMI-Titel sowie die grössten Schweizer Arbeitgeber:innen umfasst, sofern diese in der Bevölkerung hinreichend bekannt sind. Unternehmen, welche in der Bevölkerung nicht oder kaum bekannt sind, können von den teilnehmenden Personen auch nicht sinnvoll hinsichtlich ihrer Reputation beurteilt werden und werden ausgeschlossen. Daneben werden die 20 bekanntesten Schweizer Non-Profit-Organisationen in die Studie einbezogen. Weitere Unternehmen und Organisationen können sich ausserhalb des Rankings an der Studie beteiligen und sich so direkt mit den führenden Unternehmen und Organisationen der Schweiz vergleichen. Damit stellt der GfK Business Reflector für alle interessierten Unternehmen und Organisationen ein einzigartiges Reputationsbenchmarking zur Verfügung, das als Basis für das Reputationsmonitoring und Reputationsmanagement dient. Es zeigt auf, wo ein Unternehmen im Vergleich zu anderen führenden Unternehmen steht und wie sich die Reputation im Zeitverlauf verändert.
Gemeinsam mit dem fög (Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft), einem assoziierten Institut der Universität Zürich, wurde ein wissenschaftlich fundiertes Messinstrumentarium entwickelt, das die drei zentralen Reputationsdimensionen «rationale Wertschätzung», «emotionale Wertschätzung» und «sozialmoralische Wertschätzung» umfasst. Aus diesen drei Dimensionen wird ein Reputationsindex gebildet, der die zentrale Kennzahl für das GfK Business Reflector Ranking darstellt.
Untersuchungen zeigen, dass insbesondere emotionale Faktoren wie die Sympathie eines Unternehmens zentral für eine gute Reputation sind. Können sich Personen mit einem Unternehmen identifizieren, wird auch die Reputation besser beurteilt. Dabei kommt der sozialmoralischen Verantwortlichkeit eine wesentliche Rolle zu. Die Bevölkerung interessiert sich – wie viele andere Anspruchsgruppen auch – immer stärker dafür, ob ein Unternehmen sich seiner gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Verantwortung bewusst ist. Themen wie Arbeitsplatzsicherung am Standort Schweiz, faire Lieferketten und attraktive Arbeitsbedingungen, Klimaschutz und verantwortungsbewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen sind zentrale Aspekte, die von den Unternehmen erwartet werden.

Abbildung 1: 7 Dimensionen der Nachhaltigkeit

Für eine gute Reputation ist der verantwortungsbewusste Umgang mit natürlichen Ressourcen ein zentraler Faktor

Wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit ist, sieht man auch am Stellenwert in den persönlichen Werten. Seit über 25 Jahren misst GfK im Rahmen der GfK Consumer Life Studie die Wichtigkeit persönlicher Werte wie zum Beispiel den Schutz der Familie, Freundschaft, Ehrlichkeit oder materielle Sicherheit. Der Schutz der Umwelt gehört zu den wichtigsten zehn Werten der Schweizer Konsumierenden und ist inzwischen sogar wichtiger als Gesundheit und Fitness. Der Klimawandel ist die grösste Sorge der Schweizer:innen, noch vor Themen wie steigende Preise oder der Pandemie. Für fast 70 Prozent der Schweizer:innen ist der Klimawandel ein ernst zu nehmendes Problem.

Für eine gute Reputation ist der verantwortungsbewusste Umgang mit natürlichen Ressourcen ein zentraler Faktor

Doch Nachhaltigkeit umfasst nicht nur die ökologische Komponente, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte. Themen wie soziale Verantwortung und soziale Toleranz wurden in den letzten Jahren wichtiger für die Menschen, nicht nur in der Schweiz. Ganz besonders wichtig sind für die junge Generation Z soziale Toleranz und Chancengleichheit für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft. Ereignisse wie der Brand der Textilfabrik in Bangladesch vor einigen Jahren oder die Berichterstattung in den Medien über die Arbeitsbedingungen in manchen Ländern machen stärker auf die sozialen Aspekte aufmerksam. Dadurch wird es immer wichtiger, wie und wo ein Produkt hergestellt wurde.

GfK Green Gauge® Segmen-tierung identifiziert verschiedene Anspruchsgruppen

Nicht alle Menschen ticken in Bezug auf Nachhaltigkeit gleich. Deshalb hat GfK eine Segmentierung entwickelt, die Menschen anhand ihrer Sorgen, Einstellungen und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit unterscheidet. Das grünste Segment sind die sogenannten Green inDeed. Diese Menschen sind aktiv in Bezug auf nachhaltiges Denken und Handeln. Sie recyceln, achten beim Einkauf auf Nachhaltigkeit, sparen Wasser und Strom und kaufen nur, was sie brauchen. Sie sind bereit, Aufwand für einen nachhaltigen Lebensstil in Kauf zu nehmen. Auch soziale Aspekte, wie soziale Toleranz, Hilfsbereitschaft oder Chancengleichheit sind ihnen sehr wichtig. Unternehmen müssen sowohl ökologisch als auch sozial nachhaltig handeln, um ihre Reputation in dieser Zielgruppe zu erhöhen. Eine sehr grosse Rolle spielt das Thema CO2-Neutralität, aber auch die Einhaltung ethischer Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette hat einen hohen Stellenwert. Darüber hinaus sollten Unternehmen kommunizieren, wie sie sich sozial engagieren.
Die Glamour Green dagegen, die grösste Gruppe, sind Konsumentinnen und Konsumenten, für die Nachhaltigkeit auch ein Statement ist. Sie tragen coole grüne Labels, posten ihren nachhaltigen Lebensstil in den sozialen Medien und suchen Produkte, die Nachhaltigkeit und Status verbinden. Sie wollen auf nichts verzichten, Nachhaltigkeit muss zu ihrem Lebensstil passen. Nachhaltige Produkte sollen Abwechslung und Spass bringen. Sie kaufen häufiger Markenprodukte und achten auf Convenience- und Ökolabel. Diese Zielgruppe erwartet von Unternehmen neben der Übernahme von Verantwortung für die Umwelt vergleichsweise häufig, dass sie Programme implementieren, die soziale Fragen adressieren, die lokale Gemeinschaft unterstützen oder in die Ausbildung der Mitarbeitenden investieren.

Abbildung 2: GfK Green Gauge®

Konsumentinnen und Konsumenten erwarten von Unternehmen, dass sie die Weichen für nachhaltiges Verhalten stellen

och auch wenn Nachhaltigkeit in den Werten und Einstellungen der Konsumierenden eine grosse Rolle spielt, fällt es den Menschen nicht immer leicht, auch selbst entsprechend zu handeln. Das hat verschiedene Gründe. So sind nachhaltige Produkte oft teurer als herkömmliche, oder es fehlt an Wissen, welche Produkte wirklich nachhaltig sind. Einige Menschen sind unsicher, ob nachhaltige Produkte tatsächlich genauso gut sind wie andere Produkte. Andere bezweifeln, ob sie als Individuum wirklich etwas bewirken können. Deshalb wird vor allem von Unternehmen nachhaltiges Handeln erwartet.
Insbesondere bei der Herstellung von Produkten sollten Unternehmen auf Nachhaltigkeit achten, indem sie beispielsweise umweltfreundlich produzieren, erneuerbare Energien nutzen, umweltfreundliche Inhaltstoffe und Verpackungsmaterialien verwenden, lange Transportwege reduzieren und soziale Aspekte wie die faire Bezahlung aller Mitarbeitenden berücksichtigen.

Unternehmen sollten verstehen, welche Rolle Nachhaltigkeit in ihrer Branche spielt

Nur wenige Unternehmen konnten sich schon erfolgreich nachhaltig positionieren, wie eine europäische GfK-Studie zeigt: 19 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten können eine Marke nennen, die umweltfreundlich ist. Die FMCG-Industrie wird in puncto Nachhaltigkeit vergleichsweise gut bewertet, während bei Reisen, Smartphones oder Autos noch Nachholbedarf besteht. Frühzeitiges Handeln hilft, sich hier einen Reputationsvorsprung zu erarbeiten und sich einen langfristigen Vorteil im Wettbewerb zu verschaffen.

Das Wissen um die verschiedenen Nachhaltigkeitssegmente wird im GfK Business Reflector integriert

In diesem Jahr ist die Green Gauge® Segmentierung Teil der GfK Business Reflector Studie. Teilnehmende Unternehmen können so genau sehen, wie die unterschiedlichen Zielgruppen ihr Unternehmen im Vergleich zu den führenden Unternehmen in Bezug auf die verschiedensten Reputationsaspekte beurteilen.
So können sie ganz gezielt auf die Anforderungen und Bedürfnisse der relevanten Zielgruppen eingehen und ihr Reputationsmanagement optimieren. Eine Steigerung der Reputation erfordert zwar Anstrengungen und Investitionen in vielen Bereichen des Unternehmens, wird aber langfristig mit treuen Konsumierenden sowie zufriedenen Mitarbeitenden belohnt.

Abbildung: Erwartungen von Konsumierenden an Unternehmen

Die Spannung steigt!

Nur noch wenige Wochen bis zur diesjährigen Awardverleihung des GfK
Business Reflector und der Veröffentlichung des Swiss Reputation Rankings. Wir freuen uns auf die Verkündung der Gewinner am 28. März in Zürich!
Möchten Sie live dabei sein, wenn wir die Gewinner:innen prämieren? Neben der Awardverleihung können Sie sich auf zwei spannende Referate zum Thema Nachhaltigkeit freuen!
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt.
-> zur Anmeldung

Möchten Sie sich in der Zwischenzeit vertieft mit den Themen Reputation und Nachhaltigkeit beschäftigen? In unserem Podcast geben wir noch mehr Insights über die Segmente Glamour Green oder Green inDeed aus unserem GfK Green Gauge® Report. Auch kommen die letztjährigen Preisträger:innen zu Wort. Hier können Sie die Episode nachhören.

Dr. Anja Reimer

Client Business Partner und Studienleiterin
GfK Business Reflector

Petra Süptitz

Director Marketing & Consumer Intelligence
GfK

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Swiss Insights Report 2022

Wir freuen uns, Ihnen den Swiss Insights Report 2022 der Swiss Data Insights Association vorstellen zu dürfen.

Der Launch des Data Fairness Label hat die Verbands-Transformation einen beträchtlichen Schritt weiter gebracht. Damit einhergehend konnte mit dem Aufbau der Data Fairness Community ein Pendent zur Roundtable Konferenz der Institute aufgebaut werden. Sowohl für die Data Science, wie auch für die klassische Marktforschung gibt es nun ein Gefäss, in dem sich die Unternehmen themenspezifisch austauschen und die Branche weiterentwickeln können. 

Diese Vielseitigkeit findet sich auch in den Artikeln im Swiss Insights Reports 2022 wieder. Er bietet einen breit gefächerten Überblick über den Markt und zeigt auf, in welche Richtung sich die Branche entwickelt.

Im letzten Drittel finden Sie eine Übersicht aller Member, einige stellen darin ihre  Dienstleistungen ausführlich vor. 

Wir wünschen eine spannende Lektüre!

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Wie Marketing Insights 5.0 Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit steigern kann

In einer Welt, in der sich die Technologien ständig weiterentwickeln, ist es für Unternehmen umso wichtiger, mit den neusten Trends Schritt zu halten. Der Begriff «Marketing 5.0» wurde vor kurzem von Kotler et al. (2021) geprägt und bezieht sich auf die jüngste Evolution des Marketings, bei der die ständige, vernetzte Nutzung von Daten und Technologien im Vordergrund steht, um gezieltere, relevante Kundenerfahrungen zu schaffen. Das Ziel von Marketing 5.0 ist es, Kunden die passende Botschaft zum richtigen Zeitpunkt über den entsprechenden Kanal zukommen zu lassen.

Marketing 5.0 bietet mehrere Vorteile, darunter ein tieferes Kundenverständnis, eine verstärkte Kundeneinbindung, eine gesteigerte Kapitalrendite (ROI) und einen erhöhten Kundenertragswert. Kurz auf den Punkt gebracht: Der wesentliche Nutzen von Marketing 5.0 besteht darin, den Marketern zu ermöglichen, die potenziellen Konsumenten umfassender zu verstehen und deren Bedürfnisse angemessener anzusprechen. Mithilfe KI-basierter Insights können Marketer zielgerichtete Kampagnen erstellen, die bei den Konsumenten besser ankommen und ein nachhaltiges Unternehmenswachstum fördern. Darüber hinaus macht der standardmässige Einsatz von Automatisierung das Marketing effizienter und effektiver.

Kotler et al. (2021) verstehen Marketing 5.0 als «the application of human-mimicking technologies to create, communicate, deliver, and enhance value across the customer journey» (Kotler et al., 2021, p. 6). Marketing selbst ist dabei von Natur aus ein sozialer Unternehmensansatz und fokussiert in erster Linie darauf, die Gedanken und Gefühle im Kopf und im Herzen der verschiedenen Anspruchsgruppen zu verstehen, um diese wiederum gezielt anzusprechen.

Mit anderen Worten: Marketing ist eine spezifische Art des Managements, um ein Unternehmen vom Markt her- und zum Markt hinzuführen. Dies bedeutet im Kern, dass die Bedürfnisse des Marktes bekannt sein müssen, um auf sie entsprechend eingehen zu können. Sowohl ein ganzheitliches Informations- als auch ein Aktionsmanagement sind notwendige Voraussetzungen, um diese
Marketingherausforderung zu bewältigen.

Marketing 5.0 besteht aus drei operativen, miteinander verknüpften Kernkomponenten, nämlich Predictive Marketing, Contextual Marketing und Augmented Marketing sowie zwei organisatorischen Komponenten, genauer Data-Driven Marketing und Agile Marketing. Die beiden organisatorischen Marketing-Technologiekomponenten bilden die Basis für ein systematisches Informationsmanagement, z.B. zum Aufbau eines umfassenden Daten-Ökosystems. Die drei operativen Komponenten erlauben ein wirksames Aktionsmanagement, z. B. zur Erstellung relevanter Marketinginhalte wie Markenslogans, Produktbeschreibungen oder Kampagnen-bilder. Jede Komponente hat dabei einen unmittelbaren Bezug zur Marketingforschung, wobei die beiden organisatorischen Komponenten als Input-Pipeline für Insights und die drei operativen Komponenten als Output-Pipeline für Insights fungieren.

Vor diesem Hintergrund zeigt der nächste Abschnitt die Möglichkeiten fortschrittlicher Technologien der modernen Marketingforschung für eine tragfähige Marketing 5.0-Implementierung auf, im Folgenden als Marketing Insights 5.0 bezeichnet. Als Fallbeispiel für diese Demonstration dient die Vermarktung von Olivenöl des Start-ups JON’S OILIVE

Abbildung 1: Beispielhafte Ergebnisse der Predictive-Marketing-Intelligence-Komponente.

Erstellung von Marketing-Insights-5.0-Inhalten für das Start-Up JON’S OILIVE – eine Fallstudie

Das datengesteuerte Attributionsmodell von Google Analytics wurde als eine der Input-Pipelines verwendet, um zu evaluieren, wie potenzielle Kunden auf die verschiedenen über Google Ads eingeblendeten Anzeigen reagiert haben, mit dem Ziel, zu erkennen, welche Keywords etc. den größten Einfluss auf den Geschäftserfolg hatten und aus Nutzer Kunden werden liessen. Des Weiteren wurde die Konversionsleistung über die verschiedenen Marketing-Touchpoints (Website, soziale Medien usw.) bewertet. Zudem wurden mit Hilfe der agilen Insights-Plattform von quantilope potenzielle und reale Kunden befragt, um implizite markenbezogene Daten (Methode: Single Association Test) zur Stärkung der Markenpositionierung sowie produktbezogene Daten (Methode: Maximum Difference Scaling) zur Ermittlung der Konsumentenpräferenzen für Olivenöl-Produkteigenschaften zu erheben. Im Speziellen wurden dabei Attribute aus der KI-Entdecker-Funktion der KI-basierten SaaS-Lösung neuroflash gezogen und als Input für die Präferenzanalyse als eine Art Vorab-Erkennungs-Intelligenz (prädiktive semantische Analyse) verwendet.

In einem nächsten Erkenntnisschritt mit Blick auf die Predictive Marketing Intelligence wurde eine TURF-Analyse (Total Unduplicated Reach and Frequency) auf der agilen Plattform von quantilope durchgeführt, um die beste Kombination von olivenölbezogenen Produkteigenschaften zu identifizieren. Als Ergebnis wurde eine optimale Kombination von vier Produkteigenschaften ermittelt (in diesem Fall: frisch, regional, authentisch und fein), die etwas mehr als 80 % der (potenziellen) Konsumenten anspricht.

Darüber hinaus wurde Causal Artificial Intelligence (Causal AI) mittels der Software Neusrel auf die impliziten Markenwahrnehmungs- und Verhaltensdaten angewendet, um eine optimale archetypenbezogene Markenpositionierung abzuleiten. Auf diesem evidenzbasierten Weg wurde ein wirkungsvoller Interaktionseffekt auf das Konsumentenverhalten zwischen den Archetypen des Entdeckers und des Rebellen aufgedeckt und als optimale Markenpositionierung definiert. Abbildung 1 zeigt ausgewählte Ergebnisse dieser Predictive-Marketing-Intelligence-Komponente.

Im Rahmen der nächsten operativen Komponente, der Stufe der Contextual Intelligence Insights, wurden mit der KI-Texter- und KI-Bilder-Funktion von neuroflash automatisch Bildbeschriftungen sowie Bilder für einen wirksamen Sponsored Post auf Instagram als einem der wichtigsten Touchpoints und damit Kontextkanäle generiert. Als Input für diesen KI-basierten Kreativitätsansatz dienten die identifizierten wirksamen Produkt- und Markeneigenschaften, um die entsprechenden textlichen und visuellen Inhalte zu generieren.

Abbildung 2: Beispielhafte Ergebnisse der Contextual-Marketing-Intelligence-Komponente.

Eine beispielhafte Generierung gezielter kundenbezogener Inhalte, wie sie in Abbildung 2 zu sehen ist, erfolgt innerhalb weniger Sekunden. Jedes von der KI generierte Marketinggut (Asset), sowohl kurze und lange Texte als auch visuelle Inhalte, ist einzigartig; d. h. die KI ist darauf trainiert, keine bereits zuvor veröffentlichten Marketinggüter zu erstellen.

Im dritten und letzten operativen Schritt, der Stufe der Augmented Intelligence Insights, werden die generierten textlichen und visuellen Inhalte hinsichtlich a) der semantischen und b) der visuellen Wirksamkeit beurteilt, mit der Option, auch c) die verhaltensbezogene Leistungsfähigkeit zu bewerten. Beispielhafte Ergebnisse sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Beispielhafte Ergebnisse der Augmented-Marketing-Intelligence-Komponente.

Für die semantische Leistungsbewertung wurde wiederum das Tool neuroflash, genauer deren KI-Tester-Funktion verwendet, um vorherzusagen, was der Konsument auf einer impliziten Ebene in Bezug auf die als wirksam definierten Produkt- und Markeneigenschaften wahrscheinlich fühlen und denken wird, wenn er die textlichen Inhalte, in diesem Fall die generierten Bildunterschriften und Bildbeschriftungen, zu sehen bekommt. Darüber hinaus wurde die KI-Lösung Everypixel eingesetzt, um die Ahttps://www.neuronsinc.com/ttraktivität der visuellen Inhalte, hier also der generierten Bilder, zu analysieren, aber auch, um zu sehen, welche Assoziationen nach dem Kontakt mit dem jeweiligen Bild im Kopf des Konsumenten wahrscheinlich aktiviert werden.

Nachdem die besten Bildunterschriften und die beiden besten Bilder ermittelt worden waren, wurde die visuelle Wahrnehmungsqualität der Bildbeschriftung-Bild-Kombinationen bewertet. Die KI-Lösung Predict von Neurons wurde eingesetzt, um vorherzusagen, was die Konsumenten wahrscheinlich wahrnehmen werden, wenn sie die einzelnen Bildbeschriftung-Bilder-Inhalte anschauen, um sicherzustellen, dass die richtigen Hinweisreize ausreichend Aufmerksamkeit erhalten. Darüber hinaus wurde der Umfang der kognitiven Anforderungen vorhergesagt, um sicherzustellen, dass der Konsument während des Kontakts mit dem Sponsored Post nicht zu viele Informationen verarbeiten muss. Ebenfalls ist der Grad der Fokussierung geschätzt worden, um so zu gewährleisten, dass nicht zu viele Elemente auf dem Sponsored Post ein erhöhtes Ausmass an Aufmerksamkeit erfahren, was andernfalls zu einem abgelenkteren und damit weniger effizienten Wahrnehmungskontakt führen würde.

Die jüngsten Fortschritte ermöglichen nun auch die genaue Vorhersage von tiefer gehenden kognitiven und emotionalen Reaktionen. Insbesondere lässt sich jetzt der Grad der Klarheit vorhersagen. Dieser gibt an, ob ein Konsument den Inhalt als übersichtlich wahrnimmt oder nicht sowie den Grad des Engagements, der Aufschluss darüber gibt, wie angeregt und eingetaucht sich ein Konsument bei der Betrachtung des Inhalts fühlen wird (siehe Abbildung 3).

In diesem dritten Schritt wäre es zusätzlich möglich, die von der KI erstellten Texte und Bilder in einer realen digitalen Umgebung (noch) genauer zu testen, z. B. in sozialen Medien, in diesem Fall auf Instagram, um eine umfassendere Wahrnehmungs-, aber auch Verhaltenswirkung mithilfe des In-Context-Testansatzes von eye square zu ermitteln. Dieser Ansatz ermöglicht es insbesondere, die digitale Reise des Konsumenten (teilweise) zu simulieren, um die Auswirkungen einer bestimmten Marketingaktivität wie Werbung in sozialen Medien und/oder auf E-Commerce-Plattformen zu bewerten. Für diese Art der Untersuchung werden echte Konsumenten eingeladen und angehalten, eine bestimmte Website zu besuchen. Während des Besuchs der Website werden automatisch verschiedene Wahrnehmungs-
(z. B. Betrachtungsdauer) und Verhaltenskennzahlen (z. B. Pausieren der Anzeige) aufgezeichnet, um Erkenntnisse für mögliche Verbesserungen zu gewinnen. Abbildung 4 veranschaulicht den Prozess und die Umsetzung dieses Ansatzes.

Die inhaltliche Optimierung mittels Marketing Insights 5.0 wurde für alle relevanten Social-Media-Touchpoints, aber auch für die Website einschliesslich des Online-Shops von JON’S OILIVE durchgeführt. Die Überprüfung der Konversionsleistung nach drei Monaten hat aufzeigen können, dass zum Beispiel in Bezug auf die Website die Impression Rate um etwa 300 % gestiegen ist, während sich die Click-Through-Rate fast verdoppelt hat. Derartige Ergebnisse zeigen eindrucksvoll das ausgezeichnete Potenzial des verwendeten Marketing-Insights-5.0-Ansatzes.

Abbildung 4: Veranschaulichung des Prozesses und der Umsetzung des In-Context-Testansatzes.

Marketers befähigen, ihre Marketingaktionen zu beschleunigen

Wie aufgezeigt werden konnte, ermöglicht Marketing Insights 5.0 hochpräzise Vorhersagen über die Marketingleistungsfähigkeit, z. B. die Wirksamkeit der Kommunikation, vom Strategie-Fit (bspw. optimale Markenpositionierung) bis hin zu Konsumentenreaktionen (bspw. was beim Werbekontakt wahrgenommen wird oder ob der Slogan die richtigen Markenassoziationen auslöst), um die mentale Verfügbarkeit im Markengedächtnis der Konsumenten nach Sharp (2010) zu erhöhen/zu stärken. Dieser Ansatz kann entweder allein auf KI-generierten Erkenntnissen beruhen oder durch gezielte Konsumentenbefragungen erweitert werden.

Im Detail wird ein erhöhter Erkenntniswert entlang des gesamten Marketing-Intelligence-Prozesses geschaffen. Dieser reicht von der Diagnose (bspw. tiefes Wissen über die Marke in den Köpfen der Kunden gewinnen, um die Markenstrategie zu definieren), über die Therapie (bspw. die Wirkung der Markenkommunikation im Einklang mit der Markenstrategie maximieren), die Überwachung (bspw. die Effektivität der Markenkommunikation ständig überprüfen, um sie mit der Markenstrategie abzugleichen) bis hin zur Inspiration (bspw. auf KI-gesteuerte Empfehlungen bezüglich Slogans oder Produktbeschreibungen zurückgreifen, die zur Markenstrategie passen). Auf diese Weise wird die Entscheidungsfindung in jeder Phase des Marketing-Intelligence-Prozesses nachhaltig gefördert.
In einer sich rasant digitalisierenden Welt ist es für Unternehmen wichtiger denn je, eine
Marketingeinstellung zu pflegen, welche die neuesten Veränderungen in Technologie und Konsumentenverhalten berücksichtigt. Marketing Insights 5.0 ist ein Ansatz, der dies ermöglicht und mit fortschrittlichen KI-basierten Tools und Technologien relevante und attraktive Konsumentenerlebnisse schafft. Um erfolgreich zu sein, erfordert dieser Ansatz jedoch nicht nur eine datengestützte, sondern vor allem die richtige agile und evidenz-basierte Marketing-Mentalität.

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Die Autoren
Dr. Steffen Schmidt
Director Marketing Science & Agile Insights,
LINK Marketing Services AG, www.link.ch
Dr. Evmorfia Karampournioti
Assistant Professor, Leibniz University of Hannover,
www. marketing.uni-hannover.de
Dr. Thomas Fandrich
Co-Founder & CGO, quantilope GmbH,
www.quantilope.com
Dr. Frank Buckler
Founder & CEO, Success Drivers GmbH,
www.success-drivers.de
Philipp Reiter
Partner & COO, eye square GmbH,
www.eye-square.com
Dr. Jonathan T. Mall
Co-Founder & CIO, neuroflash GmbH,
www.neuroflash.com
Dr. Thomas Zoëga Ramsøy
Founder & CEO, Neurons Inc.,
www.neuronsinc.com

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