SI_News_28082024 SensoPlus_Seite_1

Käse oder Kuh – Genuss oder Frust?

Umweltbezogene, gesundheitliche und ethische Überlegungen sind bei Konsument:innen im Trend. Die ungenügende sensorische Qualität ist jedoch oft eine der Marktbarrieren für die verstärkte Verbreitung tierischer Alternativen - wie auch eine Studie dazu bestätigt.

Der Appetit auf pflanzliche Proteine wächst weltweit. Konsument:innen sind sich zunehmend der negativen Umweltfolgen durch die Produktion von tierischen Lebensmitteln, der Tierwohlproblematik und der möglichen gesundheitlichen Risiken eines übermässigen Fleisch- und Milchproduktekonsums bewusst. Als Reaktion auf diesen steigenden Trend zur Reduktion tierischer Produkte bemühen sich Lebensmittelhersteller, Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten zu entwickeln; Alternativen, die nicht nur eine ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln besser gewährleisten, sondern auch ein mit tierischen Produkten vergleichbares sensorisches Erlebnis bieten.

Konsument:innen, insb. Flexitarier:innen, welche den Konsum von tierischen Produkten bewusst reduzieren, erwarten bei pflanzlichen Proteinalternativen in Bezug auf Aussehen, Aroma, Geschmack und Textur ein ähnliches sensorisches Erlebnis wie bei den tierischen Analogien. Dies stellt die Produktentwickler:innen vor komplexe Aufgaben: «Wie kann man den rahmigen Geschmack von Milch nachahmen?» oder «Wie lässt sich die fleischige Textur eines Burgers mit Pflanzenproteinen reproduzieren?». Ähnliche Herausforderungen stellen sich bei Käse-Alternativen: «Wie kann man auf pflanzlicher Basis die charakteristische Konsistenz und das unverwechselbare Aroma von Käse nachbilden?». Marktforschungsinstitute spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Erwartungen der Konsument:innen zu identifizieren und den Herstellern die notwendigen Einblicke zu liefern. Durch sensorische Tests und umfassende Verbraucherbefragungen können wertvolle Daten gewonnen werden, welche die Grundlage für die Entwicklung und Optimierung entsprechender veganer Produkte bilden.

Konsumententest von pflanzenbasierten Käse-Alternativen

Pflanzliche Fleischersatzprodukte konnten in den letzten Jahren im schweizerischen Lebensmittelhandel eine beachtliche Regalfläche erobern – auch mit neuen, in der Schweiz gegründeten Marken. Dagegen gelten pflanzliche Käse-Alternativen noch immer als Nischenprodukte. Da die Schweiz ein «Käse-Land» ist, hat die IG-Sensorik Schweiz dieses Thema im Jahr 2023 im Rahmen eines Forschungsprojektes etwas genauer unter die Lupe genommen. Als Mitglied der IG-Sensorik Schweiz war das Marktforschungsinstitut SensoPLUS Projektpartner bei dieser Studie, die als Zusammenarbeit von sechs schweizerischen, in der Lebensmittelsensorik tätigen Institutionen durchgeführt wurde*.

Ziel des Projektes war, die sensorische Konsumentenwahrnehmung von pflanzenbasierten Käse-Alternativen zu evaluieren und dabei Konsumenten-Insights über den bestehenden Markt dieser Produkt-Nische zu erhalten. Sechs im Handel erhältliche Käse-Alternativen wurden beurteilt, davon zwei «Typ Weichkäse», zwei «Typ Halbhartkäse am Stück» und zwei «Typ Halbhartkäse in Scheiben».

Die Konsumentenbefragung wurde mittels eines Central Location Tests bei 245 Flexitarier:innen durchgeführt. Gesamteindruck und Aussehen wurden anhand der in der Lebensmittelbranche üblichen hedonischen 9-Punkte-Skala bewertet. Wesentliche Produkteigenschaften betreffend Geschmack/Aroma und Konsistenz wurden mit einer JAR-Skala (JAR = Just about right) beurteilt. Für weitere produktbeschreibende Informationen wurde die bei sensorischen Konsumententests bewährte CATA-Methode (CATA = Check-all-that-apply) verwendet. Dabei konnten aus 39 produktspezifischen Merkmalen zu Aussehen, Konsistenz und Geschmack/Aroma die für das jeweilige Produkt zutreffenden angeklickt werden.

Für die Datenerfassung des Konsumententestes wurde die vom SensoPLUS-Software-Team entwickelte Sensorik-Software SensoTASTE verwendet.

Grosses Potenzial für Optimierung

Die Studie der IG-Sensorik Schweiz zeigte, dass die sensorischen Eigenschaften von pflanzenbasierten Käse-Alternativen den Konsumentenerwartungen noch nicht ausreichend entsprachen. Ein einziges Produkt wies für den Gesamteindruck auf der hedonischen 9er-Skala einen Mittelwert auf, welcher auf der positiven Seite lag (siehe Abbildung 1). Mit einem Wert von 5.8 war diese Akzeptanz jedoch auch nicht wirklich überzeugend. Die Datenanalyse der JAR-Bewertungen und der CATA-Methode identifizierten Einflussfaktoren für negative Auswirkungen auf den Gesamteindruck. Diese lagen insbesondere im Bereich der Konsistenz, zum Beispiel Eigenschaften wie fest, gummig, elastisch oder mehlig, aber auch in den Bereichen Aussehen und Aroma.

Die eher tiefe hedonische Beliebtheit beeinflusste auch die Kaufabsicht. Beim am besten bewerteten Produkt wurde eine Kaufwahrscheinlichkeit von 52 % ermittelt. Die weiteren Produkte würden mit einer mittleren Wahrscheinlichkeit von 17 % bis zu 36 % gekauft werden.

Die Studienteilnehmenden beurteilten pflanzliche Alternativen im Vergleich zu tierischer Milch und Milcherzeugnissen positiver in Bezug auf Trend, Tierwohl, Klimafreundlichkeit und Gesundheitsaspekte (Abbildung 2). Die pflanzenbasierten Alternativen wurden jedoch als weniger schmackhaft wahrgenommen als das vergleichbare tierische Produkt, dies insbesondere von jenen Flexitarier:innen, welche regelmässig Fleisch konsumieren Nachhaltigkeits- und Tierwohlaspekte allein reichen also nicht aus, um Konsument:innen zu einem wiederkehrenden Kauf zu bewegen.

Gesamteindruck und Aussehen von Käse-Alternativen mittels hedonischer 9er-Skala

Abbildung 1:
Gesamteindruck (satter Farbton) und Aussehen (blasser Farbton) mit Mittelwert, Standardabweichung und Signifikanz (unterschiedliche Buchstaben, p=0.05) von ausgewählten Käse-Alternativen (n=245); Poster Eurosense, 2024, IG Sensorik Schweiz

Um pflanzliche Ersatzprodukte dauerhaft in die Ernährung zu integrieren, muss auch das Geschmackserlebnis die Erwartungen erfüllen. Ziel der Lebensmittelbranche sollte es daher sein, das sensorische Profil von pflanzenbasierten Proteinalternativen weiter zu optimieren. Die Marktforschungsinstitute können mit gezielten Analysen und Tests dazu beitragen, die Lücken zwischen Konsumentenerwartungen und den tatsächlichen Produkteigenschaften zu schliessen. In diesem Sinne hat die IG-Sensorik Schweiz nun eine Folgeprojekt zu Fleischalternativen gestartet.

Abbildung 2:
Vergleich tierischer Milch und Milcherzeugnisse zu pflanzlichen Alternativen;
Präsentation DACH 3-Länder-Tagung Sensorik, 2023, IG Sensorik Schweiz


*Projektzusammenarbeit Käse-Alternativen, IG Sensorik Schweiz: Hochschulen (ETHZ, ZHAW, BFH), Forschungsinstitution (Agroscope) und Marktforschungsinstitute (SAM und SensoPLUS). Für detaillierte Projekt-Information, auch zu der neben der Konsumentenbefragung durchgeführten sensorischen Produktprofilierung, der Nährwertanalyse und zum Life Cycle Assessment, dürfen Sie gerne Kontakt
aufnehmen.

Susanne Aegler

Leitung Marketing und Sensorik, SensoPLUS

susanne.aegler@sensoplus.ch, +41 41 726 16 83

Die Autorin
Susanne Aegler leitet das Marketing und die Sensorik bei SensoPLUS. Sie ist Lebensmittel-
Ingenieurin ETH Zürich und verfügt über einen MSc in Human Nutrition, King’s College, London.

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Swiss Insights News #24-7

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