Die Verknüpfung von Marktforschungs-Insights und firmeninternen Kundendaten gestaltet sich aus verschiedenen Gründen schwierig: Sie ist technisch anspruchsvoll und stösst bei den hohen Datenschutzstandards (Stichwort Zweckentfremdungsverbot) an Grenzen. BSI hat zusammen mit GIM eine KI-Lösung erarbeitet und stellt diese in der BSI Customer Suite zur Verfügung.
Voraussetzung, um das Modell von BSI und GIM nutzen zu können, ist ein Bestand an Kundendaten. Mit Hilfe von KI-Algorithmen werden die Bestandskunden vordefinierten Segmenten zugewiesen, welche eine personalisierte Interaktion mit dem Kunden erlauben. Da diese Segmente einer Marktforschungsstudie entspringen, sind sie repräsentativ – eine Qualität, die von einer Marketingabteilung erhobene Daten oft nicht aufweisen. Dies, weil Marketingabteilungen mit ihren CRM-Daten nur antwortwillige Bestandskunden befragen können.
BSI entwickelte in Zusammenarbeit mit GIM eine KI-Lösung und stellte diese am 29.06.2021 an der Webkonferenz «KI und selbstlernende Systeme in Versicherungen» der Versicherungsforen Leipzig vor. Im Sommer 2021 werden BSI und GIM diese KI mit Daten eines gemeinsamen Kunden füttern und testen.
Für diese Lösung werden Powerfragen erarbeitet, welche die korrekte Zuordnung eines Kunden zu einem Segment mit hoher Wahrscheinlichkeit erlauben, trotz einer minimalen Anzahl an Fragen. Diese Powerfragen werden durch eine Diskriminanzanalyse aus bereits erhobenen quantitativen Befragungen gewonnen. Um die Kundendatensätze mit den passenden Segmenten verknüpfen zu können, werden Bestandskunden gebeten die Powerfragen zu beantworten. Dies erfolgt transparent für den Endkunden und explizit im Sinne des Datenschutzes zum Zweck des Trainings eines Produktempfehlungsalgorithmus. Mit diesem Datensatz können nun einige wenige Bestandskunden auf die zugehörigen Segmente abgebildet werden. Für alle weiteren Schritte werden nur bestehende CRM-Daten und keine Umfragedaten mehr verwendet: So bleibt das Wissen über die Segmente (und damit die für die Bevölkerung repräsentative Abbildung) im Modell erhalten.
Die Verknüpfung von Kundendaten und Segmenten erfolgt durch die Verwendung von State-of-the-Art KI-Algorithmen. Dadurch können wir die herkömmlichen strukturierten Daten mit informativen unstrukturierten und kontextualisierten Daten anreichern. So können auch Kommunikationsstil (persönlich/unpersönlich), Sentiment (zufrieden/unzufrieden/…) und Verhaltensänderungen in die Segmentzuordnung einbezogen werden.
KI ermöglicht Hyperpersonalisierung
Genau diese Analyse unstrukturierter Daten ist in dieser Qualität erst seit kurzem, mit Aufkommen des Attention-Mechanismus und darauf basierender DeepLearning-Modelle, wie BERT, GPT-3 oder T5 möglich. Damit lassen sich Freitext-Dokumente auch aufgrund subtiler Eigenschaften klassifizieren, die einen guten Rückschluss auf die Segmentierung zulassen. Kunden eines fiktiven Segments «Petra Persönlich» pflegen (argumentativ) einen persönlichen Schreibstil, wohingegen eine Kundin des fiktiven Segments «Simone Senior» sich eher eines formellen Schreibstils bedient. Diese Nuancen waren es oft, die bisher von Menschen besser erkannt wurden als von KI. Mittlerweile hat sich aber in verschiedenen Benchmarks gezeigt (SQaAD, Super Glue), dass die oben genannten Deep-Learning-Modelle solche Feinheiten präziser erfassen als Versuchspersonen.
Das hier beschriebene System hört aber nicht mit einem einmaligen Training von Deep-Learning-Modellen auf: Kontinuierliches Feedback durch Kundeninteraktionen ermöglicht es uns mit Hilfe von Reinforcement Learning eine stetige Schärfung der Kundensegmente zu erreichen. Diese Nuancierung kann bis zur Hyperpersonalisierung vorangetrieben werden, bei der jeder Kunde individuell angesprochen wird. Das kontinuierliche Feedback ermöglicht es auch auf neue Markttrends und auf Veränderungen im Kundenverhalten zu reagieren. Damit können die Kunden mit dem relevanten Inhalt zum passenden Zeitpunkt über den besten Kanal angesprochen werden.
Eine Segmentierung oder sogar Hyperpersonalisierung direkt im CRM oder einer CX-Plattform ermöglicht eine Vielzahl an Anwendungen: Newsletter können mit dem für den Kunden interessantesten Inhalt versehen werden: Konservative Kunden beispielsweise erhalten ihn per Briefpost, Millenials als LinkedIn-Message.
Kunden können Angebote vorgeschlagen werden, die viele andere Kunden im gleichen Segment bereits beziehen. Ausserdem kann dem Risiko, dass Kunden eines Segments Angebote kündigen, gezielt vorgebeugt werden, indem sie auf die Vorteile weiterer Angebote ihres Segments aufmerksam gemacht werden. Dadurch können Marketing- und Vertriebsabteilungen ihre Ressourcen (technisch und personell) gezielt einsetzen, Kosten senken und gleichzeitig bessere Resultate, wie höhere Verkaufszahlen, Retention-Rates und eine bessere Kundenbindung erzielen.

Christoph Bräunlich
Head of AI bei BSI Business Systems Integration AG
Vize-Präsident SWISS INSIGHTS

Patrick Frank
Machine Learning Engineer bei BSI Business Systems Integration AG
Zu den Autoren
Christoph Bräunlich hat einen Masterabschluss in Computer Science der Universität Zürich mit Spezialisierung in KI. Als Vize-Präsident von SWISS INSIGHTS hat er das Data Fairness Label mitentwickelt.
christoph.braeunlich@bsi-software.com
+41 43 501 65 09
Patrick Frank hat einen Masterabschluss in Physik von der ETH Zürich mit Schwerpunkt auf Astrophysik und Natural Language Processing.
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