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Die Schweiz trotzt dem internationalen Stimmungstief

In einer weltweiten Studie mit über 18'000 Teilnehmenden wurde die Stimmungslage in 27 Ländern zu den Themen Klima, Wirtschaft und Gesundheit untersucht. Dabei sticht die Schweiz als Wohlfühloase heraus.

2023 untersuchte das Markt- und Sozialforschungsinstitut intervista zusammen mit den Partnerinstituten des globalen IRIS-Netzwerks die weltweite Stimmungslage zu den Themen Klima, Wirtschaft und Gesundheit. Das IRIS-Netzwerk ist auf sechs Kontinenten aktiv und damit weltweit eines der grössten Marktforschungsnetzwerke.

Für diese Studie wurden in insgesamt 27 Ländern in Nord- und Südamerika, Europa, Asien und Australien über 18’000 Personen zu ihren Ansichten befragt. In der Schweiz wurden die Teilnehmenden über das intervista Online-Panel rekrutiert, in den meisten anderen Ländern jeweils über regionale Panelanbieter.
Im vorliegenden Artikel werden die Daten der Nullmessung 2023 dargestellt. Die Befragung wird zukünftig jährlich durchgeführt.

Schweizer Bevölkerung im internationalen Vergleich zuversichtlich

Obwohl Schweizer:innen nicht unbedingt für ihren Optimismus bekannt sind, zeigen sie sich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich zuversichtlich hinsichtlich der aktuellen Lage im eigenen Land. Eine Mehrheit der Bevölkerung der befragten Länder glaubt, dass sich ihr Land in die falsche Richtung bewege. In der Schweiz ist das Gegenteil der Fall: Rund zwei Drittel der Bevölkerung denken, dass der richtige Weg eingeschlagen sei.

Zudem beurteilt die Schweizer Bevölkerung auch die wirtschaftliche Situation deutlich positiver als die Bevölkerung anderer Länder. Dennoch zeigen sich auch in der Schweiz kritische Tendenzen: Fast die Hälfte der Bevölkerung berichtet, dass sie 2023 im Vergleich zum Vorjahr den Gürtel enger schnallen musste. Gespart wird vor allem bei Kleidern und Restaurantbesuchen; glücklicherweise muss kaum jemand auf Medikamente verzichten oder kann seine Miete nicht bezahlen. Dies ist keine Selbstverständlichkeit: Im internationalen Durchschnitt berichtete jede:r Fünfte, die Miete oder den Hypothekarzins nicht mehr rechtzeitig bezahlen zu können. Zudem konnte sich fast jede:r Vierte nicht mehr leisten, eigentlich benötigte Medikamente zu konsumieren.

Auch in der Schweiz wurde zum Messzeitpunkt 2023 eine Schwächung der Wirtschaft erwartet, wenn auch bei weitem nicht so stark wie anderswo. Einzig einige Schwellenländer (Indien, Mexiko, Indonesien) zeigten sich optimistischer und erwarteten trotz der damaligen Weltlage ein Wirtschaftswachstum.

Abb. 1: Erwartete wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz (links) und im internationalen Vergleich (rechts)

Nachhaltige Kaufentscheidungen

Die im internationalen Vergleich angenehme wirtschaftliche Lage, in der sich viele Schweizer:innen zum Zeitpunkt der Erhebung 2023 befinden, hat einen direkten Einfluss auf ihre alltäglichen Entscheidungen. So können es sich Schweizer:innen eher leisten, bei Kaufentscheidungen auf Nachhaltigkeit zu achten. In fast allen untersuchten Dimensionen erreicht die Schweizer Bevölkerung höhere Werte als die befragte Weltbevölkerung. Besonders auffällig ist dies bei Produktverpackungen. Ganze 92 Prozent und damit ein im weltweiten Vergleich überdurchschnittlich hoher Anteil der Bevölkerung legten in der Schweiz Wert auf reduzierte oder recyclebare Verpackungen.

Abb. 2: Nachhaltige Entscheidungen weltweit (links) und in der Schweiz (rechts)

Wahrnehmung des Klimawandels

Generell sind Klimawandel und Nachhaltigkeit Themen, die bewegen. Ganze 82 Prozent der Schweizer Bevölkerung machen sich Sorgen über die Folgen des Klimawandels. Damit befindet sich die Schweiz im internationalen Mittelfeld und auf gleichem Niveau wie andere europäische Länder (zum Beispiel Spanien, Deutschland und Österreich). Die grösste Besorgnis äussern Bewohner:innen in Schwellenländern. Beispielsweise zeigen sich in der Türkei 98 Prozent der Bevölkerung besorgt hinsichtlich des Klimawandels.

In den Industrieländern geht man davon aus, dass nicht das eigene Land oder gar die eigene Wohnregion, sondern in erster Linie andere Länder vom Klimawandel betroffen sind. Auch in den Schwellenländern findet sich diese differenzierte Wahrnehmung, jedoch in bedeutend geringerem Ausmass. Dies widerspiegelt die Situation, dass Schwellenländer von den Folgen des Klimawandels tendenziell stärker betroffen sind als Industrieländer.

Zur Frage, ob die Folgen des Klimawandels noch abgefedert werden können, gibt es in der Bevölkerung unterschiedliche Meinungen. In der Schweiz ist knapp die Hälfte noch optimistisch, während 35 Prozent der Bevölkerung denken, dass es bereits zu spät sei, schwerwiegende negative Effekte des Klimawandels zu vermeiden. Im internationalen Vergleich sind nur 23 Prozent der befragten Bevölkerung pessimistisch.
Rund 70 Prozent der Schweizer:innen glauben nicht mehr daran, dass man weltweit Netto-Null-Emissionen erreichen wird. Auch hier sind die Schweizer:innen deutlich pessimistischer als der globale Durchschnitt. Allerdings ist die Schweizer Bevölkerung etwas optimistischer, wenn es um die Frage geht, ob in der Schweiz das Netto-Null-Ziel erreicht werden kann. Dann glaubt bloss noch die Hälfte, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann.

Abb. 3: Zuversicht, Netto-Null-Emissionen in der Schweiz (oben) und weltweit (unten) zu erreichen

Einschätzung der Gesundheitsversorgung

Wenn man an den Klimawandel denkt, könnte man meinen, dass zusätzliche (finanzielle) Ressourcen viele Probleme lösen könnten – schliesslich sind Personen in den reicheren Industrienationen deutlich optimistischer. Bei der gesundheitlichen Versorgung zeigt sich aber, dass Geld nicht alles ist.

Aber zunächst die guten Nachrichten. Auch wenn sich Schweizer:innen über hohe Krankenkassenprämien ärgern, so meint doch mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung, dass wir ein gutes oder sogar hervorragendes Gesundheitssystem haben. Damit bewerten Schweizer:innen im internationalen Durchschnitt das nationale Gesundheitssystem deutlich positiver als Personen anderer Länder. Vier von fünf Schweizer:innen sind gar überzeugt, dass das Schweizer Gesundheitssystem zu den Besten der Welt gehöre. Nur in wenigen Ländern (Spanien, Südkorea, Japan) ist die Bevölkerung ebenso positiv zum eigenen Gesundheitssystem eingestellt.

Abb. 4: Wahrgenommene Qualität des eigenen Gesundheitssystems im internationalen Vergleich

Es zeigen sich aber auch Schattenseiten. Wenn es um die Probleme im Gesundheitssystem geht, meint die Mehrheit, dass dies nicht ein Problem der finanziellen Ressourcen sei. Ganz im Gegenteil, die Probleme seien auf ein ineffizientes Management zurückzuführen. In anderen Ländern wird dies ähnlich eingeschätzt. So erstaunt es auch nicht, dass mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung mit dem politischen Management des Gesundheitssystems nicht einverstanden ist. Ein ähnliches Bild zeigt sich im restlichen Europa und in Amerika. In Asien und Australien hingegen unterstützt man die gesundheitspolitischen Entscheide der eigenen Regierung deutlich stärker.

Abb. 5: Ursachen der Probleme im Gesundheitssystem in der Schweiz (oben) und im weltweiten Vergleich (unten)

Studiendesign

Datenerhebungsmethode:
Online-Befragung im intervista Online-Panel sowie in den Panels von 24 IRIS-Partnerinstituten; in zwei Ländern wurde die Stichprobe über einen externen Panelpartner erhoben
Zielgruppe:
Bevölkerung im Alter von über 18 Jahren, jeweils repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Siedlungstyp
Stichprobengrösse:
Min. n = 500 pro Land, total n = 18’572 (maximaler Standardfehler für die Schweiz +/- 4.3 %, für alle Länder zusammen +/- 0.7 %)
Feldzeit:
Februar bis April 2023

Weiterführende Informationen zur Studie finden Sie unter: Gesundheitssystem, Wirtschaftsentwicklung und Klimawandel.

Dr. Kim Buchmüller

Projektleiterin, intervista AG

kim.buchmueller@intervista.ch, +41 31 511 39 04

Die Autorin
Dr. Kim Buchmüller ist Projektleiterin beim Marktforschungsinstitut intervista. Sie promovierte an der Eidg. Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) und ist Expertin für Fragestellungen zum Verhalten von Konsument:innen.

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Swiss Insights News #24-5

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